Marl. . Zirkus, aber wieder einmal ganz anders: Die Gruppe „Donka“ vermengt im Theater Marl Artistik mit Motiven von Tschechow. Das sorgt für Begeisterung bei den Ruhrfestspielen.

Erwachsene haben plötzlich wieder diese großen Kinderaugen. „Donka“ gelingt mit traumwandlerischer Leichtigkeit jene Verzauberung, die selbst einem Zirkus Roncalli immer schwerer fällt. Die Ruhrfestspiel-Produktion erntete im Theater Marl stehende Ovationen.

Als „Brief an Tschechow“ ist das zirzensische Schauspiel des 48-jährigen Daniele Finzi Pasca untertitelt, der wie ein großer Teil seines Stabes und der acht Artisten geprägt ist von „Cirque Eloize“ und „Cirque du Soleil“. Doch diese Hommage an Tschechow ist nie epigonal, sondern eine ganz eigene, auch eigenwillige Kreation. Das Bild der „Drei Schwestern“ auf der Trapezschaukel erschließt die „Donka“-Magie: Sie zanken und schubsen sich, quietschen wie Teenager, hängen nur noch mit einer Schuhspitze am Holm, bemühen sich selbst mit über den Köpfen wehenden Röcken um eine sittsame Haltung. Es ist eine verspielt-grandiose Artistik, die auf Tusch und Trommelwirbel komplett verzichtet.

Daniele Finzi Pasca will keine der großen Tragikomödien nacherzählen. Seine Inszenierung greift nur zu Details aus Werk und Leben. So wird denn aus der Sprechstunde bei Dr. Tschechow ein wahnwitziges Stück Contorsions-Artistik, bei dem sich Felix Salas’ Athletenkörper schier zu verknoten scheint.

Der erste Teil ist geprägt von einer Freude, die man in den meisten Tschechow-Inszenierungen lange suchen könnte. Im zweiten Teil überwiegen melancholische Akzente. Rolando Tarquini, Erzähler und graubärtiger Clown, macht dabei sogar aus einem Duell im Morgengrauen noch einen überbordenden Spaß: Plötzlich spritzen alle vergnügt Fontänen aus roten Gummiklistieren – eine Wasserschlacht als Splatterfilm-Parodie.