Essen. . Streaming-Dienste, zu denen beispielsweise auch Simfy oder Juke gehörden, sind für die Musikbranche gleichermaßen lebensnotwendig wie tragisch. Endlich sind Konsumenten wieder bereit, Geld für die Songs ihrer Stars auszugeben, doch die Gewinnmargen sind deutlich niedriger als im siechenden CD-Geschäft.

Der international beliebte Musikdienst Spotify kommt mit einem unbegrenzten und zunächst gänzlich kostenfreien Musikangebot nach Deutschland. Das bestätigten Unternehmensvertreter am Montag in Berlin. Für den Start sei überdies nach langen Verhandlungen eine Einigung mit der Verwertungsgesellschaft Gema erzielt worden. Details dazu wurden zunächst nicht verraten.

Jetzt können sich Nutzer bei Spotify anmelden - aber nur, wenn sie auch einen Zugang bei Facebook haben. Die ersten sechs Monate sind völlig kostenfrei. Spotify schaltet dafür zwischen den Titeln Werbung. Im Herbst will Spotify dann ein Abo-Modell einführen.

MP3-Downloads vor dem Aus?

Mit dem Start der Streamingdienste könnte die Ära der MP3-Downloads zu Ende sein, bevor sie richtig begonnen hat. Dienste wie Simfy, Juke, Napster oder eben Spotify bieten Musikflatrates per Internet an, die pro Monat nicht mehr kosten als ein heruntergeladenes Album. Damit machen sie, zumindest für Normalverbraucher, den Besitz einer CD oder einer Datei überflüssig. Schweden macht es vor: Im Jahr 2011 generierte der Dienst Spotify dort bereits mehr als die Hälfte des Umsatzes der Musikindustrie. In Deutschland stehen die Schweden laut Branchengerüchten kurz vor dem Start.

Hierzulande taten sich die Schweden bisher schwer, denn die Verhandlungen mit der Gema standen einem frühen Start im Wege. Obwohl Spotify in seiner Heimat bereits im Oktober 2008 in der jetzigen Form an den Start ging, konnten bei uns Anbieter wie das Kölner Unternehmen Simfy, die Mediamarkt-Saturn-Tochter Juke oder eben Napster eher loslegen.

11 bis 15 Millionen Stücke im Angebot

Das Angebot besticht. Schon in der zeitlich begrenzten, kostenlosen Schnupperphase gewähren diese Seiten Zugriff auf alle 11 bis 15 Millionen Stücke. Abonnenten brauchen letztlich nicht einmal eine Internetverbindung, denn auf Smartphones oder Tablet-PCs sind die einmal gehörten Songs dank spezieller Apps danach offline hörbar.

Das klingt nach einem Rundum-sorglos-Paket, doch so bestechend die Millionenzahl auch wirkt, für Musikhörer mit exotischeren Vorlieben haben auch diese Plattensammlungen Lücken, die sich nie ganz schließen werden. Die Angebote von Simfy, Juke, Napster und Spotify sehen sich von der Bedienung her recht ähnlich, man kann seine Songs bequem in Playlisten organisieren – ein Vorgang, der jedem Nutzer von digitaler Musik vertraut sein dürfte. Technisch ist das kinderleicht. Auch preislich liegen die Dienste mit um die zehn Euro pro Monat dicht beieinander.

Preise, die weder Künstler noch Plattenfirmen reich machen

Womit man bei der Misere der Musikbranche wäre: Bei diesen Preisen werden weder Plattenfirmen noch Künstler reich. Die britische Band „Uniform Motion“ rechnete vor, dass sie für das Hören eines ihre Alben bei Spotify gerade mal 0,0294 Euro erhält. Wenn man das Album also 100 Mal hört, fließen gerade 2,94 Euro zurück an die Band.

Ein bisschen besser sieht die Situation noch auf den anderen Vertriebswegen aus: Beim Verkauf eines Albums über Amazon verdient der Musiker gerade mal 45 Cent pro bezahltem Euro, beim Verkauf über iTunes immerhin noch 67 Cent. Zum Vergleich: Verkaufen Künstler eine CD selbst übers Netz, sind es sind es 97 Cent pro Euro.

Legale Angebote könnten attraktiver sein als Raubkopien

Zurück zu den Streamingdiensten: Die Hoffnung der Branche wie der Musiker liegt darin, dass man durch die günstigen legalen Angebote überhaupt etwas an der Musik verdient, die sonst raubkopiert würde. Wer seine Lieblingsmusik ständig verfügbar hat, wird sich kaum die Mühe machen, sich noch umständlich einen illegalen Download zu besorgen oder eine CD zu brennen.

Wem nützt das Ganze am meisten? Wohl tatsächlich dem Kunden. Vorausgesetzt, er ist nicht Sammler, der die Musik auch in Händen halten muss. Außerdem: Mit einer Wiedergabeliste auf dem Computer kann man nicht seinen exquisiten Geschmack und seine Kennerschaft untermauern. Auch die Klientel von Hifi-Studios wird noch lange die Nase rümpfen über die Qualität der Musikströme, obwohl der Anbieter Juke damit wirbt, dass seine Songs in CD-Qualität versendet werden. Im Test ergab sich aber kein hörbarer Unterschied zum Sound von Simfy oder Spotify.

CD-Verkäufe machen immer noch vier Fünftel des Umsatzes aus

Werden also CDs in den kommenden Jahren langsam verschwinden? Nein. Nach wie vor macht der CD-Verkauf in Deutschland mehr als vier Fünftel des Umsatzes aus – und einen Download kann man nicht gut zu Weihnachten verschenken. Dem Download-Geschäft allerdings werden die Streamingdienste zu schaffen machen, schließlich ist die Technik zu ähnlich – und das Angebot ist zu preisgünstig, um zu widerstehen.