Essen. . Nach etlichen Flops und Suchtproblemen liefert Schauspiel-Veteran Nick Nolte mit dem packenden Familien- und Sportlerdrama „Warrior“ seine beste Leistung seit Langem ab. Der 72-Jährige ist in der Kategorie “Bester Nebendarsteller“ für einen Oscar nominiert.
Eines vorweg: Die Mutter aller Sport-Dramen ist „Rocky“. Nicht mehr, nicht weniger. Der Film hat das Genre auf ewig geprägt, und mit diesem Film im Hinterkopf ist es oft gleichermaßen traurig wie nervtötend, sich einen Weg durch die Vielzahl der lustlos heruntergedrehten Epigonen zu bahnen. Einzig „The Fighter“ im Jahr 2010 war ein Lichtblick im Dickicht der sonst eher dümmlich anmutenden Haudrauf-Streifen und brachte Christian Bale zurecht einen Oscar für die beste Nebenrolle ein.
Mit „Warrior“ steht ab Freitag, 24. März, ein Film in den DVD-Regalen, der das gleiche Kunststück vollbringt und dabei in Sachen Spannung und Stimmung der großen Mutter „Rocky“ in nichts nachsteht.
Die Story des Films ist schnell erzählt: Ex-Marine Tommy Conlon (Tom Hardy) kehrt nach seiner Zeit im Irak in seine Heimatstadt Pittsburgh zurück, um sich den Schatten seiner Vergangenheit zu stellen: seinem Alkoholiker-Vater, der seine Familie regelmäßig verprügelt und Tommy und seinen Bruder Brendan (Joel Edgerton) zu sportlichen Höchstleistungen als Ringer gezwungen hat.
Trotz des Ekels, den er seinem Vater (Nick Nolte) unverhohlen entgegenschleudert, bittet Tommy den alten Mann, ihn für ein Mixed Martial Arts-Turnier zu trainieren, einem offenen Wettkampf, bei dem die Kämpfer der verschiedensten Kampfsportarten gegeneinander antreten und der Sieger mit fünf Millionen Dollar Siegprämie nach Hause geht.
Traumatisiert gegen verzweifelt
Was Tommy nicht weiß: Sein Bruder, der mit einer Bilderbuchfamilie im Vorort lebt, als Lehrer arbeitet und seit Jahren nicht im Ring stand, kann die Raten für sein Haus nicht mehr bezahlen und bereitet sich ebenfalls auf das Turnier vor. Man muss kein Genie sein, um zu begreifen, dass die ungleichen Brüder sich auf Kollisionskurs befinden und der Kampf zwischen ihnen der finale Showdown wird – daraus macht der Film keinen Hehl, und darauf kommt es im Grunde auch gar nicht an.
Was wirklich heraussticht, sind die schauspielerischen Leistungen der drei Kernfiguren: Tom Hardy (bekannt aus „Inception“) spielt Tommy als einen auf vielen Ebenen traumatisierten Mann, während Joel Edgerton als verzweifelter Familienvater brilliert, der um die Zukunft seiner Familie kämpft.
Weit in den Schatten gestellt wird das Duo allerdings von Schauspielveteran Nick Nolte, der die Rolle des Ex-Alkoholikers und reformierten Christen Paddy Conlon so glaubhaft und mit einer derartigen Wucht verkörpert, dass es dem Zuschauer über weite Strecken des Films Gänsehaut bereitet. Mit mehreren Flops im Rücken ist das die mit Abstand beste Leistung Noltes seit vielen Jahren und wurde daher zurecht mit einer Oscar-Nominierung als beste Nebenrolle belohnt.
Regisseur Gavin O’Connor ist mit „Warrior“ ein beeindruckend vielschichtiges Drama gelungen, bei dem die Kampfszenen zwar einen wichtigen Bestandteil des Films ausmachen, nicht aber seine Essenz. Vielmehr ist der Film ein modernes „Kain und Abel“-Stück, bei dem es darum geht, sich den echten Kämpfen des Lebens außerhalb eines Rings und den Dämonen seiner Vergangenheit zu stellen. Die kalte Kulisse der Stahlarbeiter-Stadt Pittsburgh unterstreicht dabei die innere Härte der Hauptfiguren und bietet den Augen eine willkommene Abwechslung zu den mittlerweile schon abgedroschenen Schauplätzen Hollywoods.
In Amerika ist der Film im vergangenen Jahr zum Liebling der Kritiker avanciert, in Deutschland erscheint „Warrior“ leider nur auf BluRay und DVD, was wohl auch daran liegt, dass Mixed Martial Arts als Sportart hierzulande bei Weitem noch nicht so populär ist wie in den USA. Jenseits des Atlantiks füllen die Kampfspektakel mittlerweile ganze Sportarenen und nähern sich in Sachen Zuschauerzahlen rasant den Volkssportarten Baseball und Basketball.
Grundsteinfürs Comeback
Selbst wenn Nick Nolte den Oscar am kommenden Sonntag nicht mit nach Hause nehmen sollte, legt der Film – ähnlich wie „The Wrestler“ für Mickey Rourke – einen soliden Grundstein für ein etwaiges Comeback. Und auch ein anderer Beteiligter hat von „Warrior“ profitiert: Tom Hardys enorme physische Präsenz brachte ihm die Rolle des Bösewichts „Bane“ im mit Spannung erwarteten „The Dark Knight Rises“, dem letzten Teil von Christopher Nolans Batman-Trilogie, ein.