Berlin. .
Dieser Berlinale-Tag beginnt nicht im Kino, sondern im alten Weinhaus Huth am Potsdamer Platz. Hier lädt die Junge Union seit zehn Jahren zum filmpolitischen Morgen-Treff bei Sekt und Häppchen. Unter den gut 200 Gästen aus „Politik, Wirtschaft und Kultur“, wie es immer so schön heißt, begrüßt Bundesvorsitzender Philipp Mißfelder u.a. auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann.
Das alte Weinhaus Huth ist eine richtig gute Adresse. Es ist das einzige historische Gebäude, das an diesem bis zum Jahr 2000 völlig leeren und öden Ort den Zweiten Weltkrieg und sogar den Kalten Krieg mit dem Todesstreifen überstanden hat. Jetzt beherbergt es im Erdgeschoss tatsächlich wieder wie vormals zur Kaiserzeit eine Weinhandlung.
Philipp Mißfelder betont inmitten der also gediegenen Atmosphäre einmal mehr, wie sehr der Jungen Union der deutsche Film am Herzen liege und dass der vom politischen CDU-Nachwuchs initiierte Deutsche Filmförderfonds (DFFF) inzwischen internationale Filminvestitionen von gut 1,8 Milliarden Euro angestoßen habe. Und dann wünscht sich Mißfelder auch noch, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen doch bitte mehr heimische Kinoproduktionen zur besten Sendezeit ausstrahlen möge. Was wiederum im illustren Gästekreis auf breiteste Zustimmung stößt.
Und schon geht es weiter auf einen Sprung zur nahe gelegenen Neuen Nationalgalerie. Anlässlich des 80. Geburtstages des Malers Gerhard Richter wird hier bis zum 13. Mai eine große Retrospektive angeboten, um einen der bedeutendsten und teuersten Gegenwartskünstler zu ehren. „Cool und hinreißend“ nennt Udo Kittelmann, der Direktor der Nationalgalerie, die Schau, die von Berlin nach London und Paris weiterreisen wird.
Annähernd 500 Medienvertreter sind gekommen, um vorab schon einmal einen ersten Blick auf die Ausstellung zu werfen, die offiziell am Sonntag eröffnet und fraglos eines der spektakulärsten Kunstereignisse mit weltweitem Echo in diesem Jahr werden wird. Unter dem Titel „Panorama“ sind 130 Richter-Arbeiten aus praktisch allen seinen Schaffensphasen zu sehen; eine atemberaubend gelungene Inszenierung, für die das Wort „sensationell“ nicht übertrieben scheint.
Am Mittag ist dann aber endlich doch wieder echte Berlinale angesagt. Auf dem Programm steht der amerikanische Film „Extrem laut und unglaublich nah“ von Regisseur Stephen Daldry. Mit dem „Vorleser“ und vor allem dem Tanzdrama „Billy Elliot“ hat Daldry schon wunderbar einfühlsame Geschichten erzählt, was ihm auch dieses Mal phantastisch gelingt. Dabei sind es gar nicht einmal so sehr die Superstars Tom Hanks und Sandra Bullock, die diesen Streifen adeln, sondern es ist der zehnjährige Thomas Horn, der sich buchstäblich die junge Seele aus dem Leib spielt.
Der Film handelt von einem Jungen, der seinen Vater beim Terror-Attentat am 11. September 2001 auf das World Trade Center verliert. Das hochintelligente und übersensible Kind wird mit dem Verlust nicht fertig. Als es einen geheimnisvollen Schlüssel in der väterlichen Hinterlassenschaft findet, macht sich der Junge auf die schier aussichtslose Suche nach dem passenden Schloss . . .
Neben Tom Hanks und Sandra Bullock ergänzt Max von Sydow die illustre Schauspieltruppe, die praktisch nur die eine Aufgabe hat, Thomas Horn bestmöglich zuzuarbeiten. Regisseur Stephen Daldry zeigt den Film in Berlin außer Konkurrenz. Mutmaßlich hätte er ohnehin keine Siegchancen, weil er einfach zu emotional, zu warmherzig und zu gutartig ist. Und das mag das professionelle Festivalpublikum nun einmal nicht so sehr.
Wenig Verständnis aber hat es in diesen Tagen auch für Angelina Jolie. Die schöne Diva logiert mit ihren Kindern (ihr Mann Brat Pitt wird noch erwartet) standesgemäß im Hotel Adlon. Zur Berlinale-Eröffnung war die Jolie allerdings nicht gekommen. Stattdessen besuchte sie mit kleinem Anhang lieber das Legoland im Keller des Sony-Centers. Dafür wurde gleich das ganze Spielparadies „wegen vorübergehender Wartungsarbeiten“ für andere Besucher kurzerhand geschlossen.
Bliebe schließlich noch die sehr berechtigte Frage unserer Leserin Barbara S. aus Warstein zu beantworten: Ob ich denn auch einen Smoking im Gepäck hätte, wegen der vielen Partys und so, möchte sie gern wissen. Ja, in den ersten Jahren hatte ich noch einen Smoking dabei. Inzwischen aber nicht mehr, da genügt ein dunkler Anzug, beispielsweise für den filmpolitischen Empfang am Morgen. Ansonsten ist es mit der vermeintlichen Nachtschwärmerei ohnehin nicht sonderlich weit her. Die Partys beginnen alle erst nach 23 Uhr, und wer morgens um 8.30 Uhr schon wieder im Kino sitzen will, muss schon mit der nötigen Kondition etwas haushalten. Also: Keine Party, kein Smoking. Und zur Not reicht eben auch der dunkle Anzug.