Dortmund. Anderthalb Monate nach der Neueröffnung erlebte das Dortmunder FZW ein erstes Highlight: Die Gala zum 20. Geburtstag des Musikmagazins Visions. 1500 Fans feierten zum Sound der Hives, Editors und anderer Bands.
Neue Konzerthallen sind ein bisschen wie Turnschuhe, die man gerade aus dem Karton geholt hat. Ihnen fehlen Gebrauchsspuren, um wirklich gut auszusehen. Insofern war der letzte Samstag für das Dortmunder FZW ein Glücksfall. Das Musikmagazin „Visions“ feierte Geburtstag und hatte vier Bands geladen, die für mächtig Reibung sorgten.
20 Jahre Heft- und Rockgeschichte zu spiegeln, war sicher kein Leichtes. Am Ende hatten sich die Visions-Macher für eine gut funktionierende Mischung aus Anspruch und Party entschieden. Die englische Band Oceansize fiel in die erste Kategorie. Oder sollte man sagen: wäre in die erste Kategorie gefallen? Der Auftritt war so früh angesetzt, dass viele Zuschauer davon gar nichts mitbekamen. Bei Mother Tongue sah das schon anders aus. Als Visions-Stammgäste mussten die Amerikaner nicht viel Missionsarbeit leisten. Gerührt von der Bewegung im Publikum bedankte sich die Band mehrfach für die Treue der deutschen Fans.
Manische Präsenz von Tom Smith
Vom Rocksound der 70er ging es danach in die frühen 80er Jahre. Auftritt: Editors. Wer sich fragte, an wen der neue Band-Sound eigentlich erinnert, fand im Look von Gitarrist Chris Urbanowicz die Antwort. Mit anrasierten Haaren und schwarzer Tolle sah dieser aus wie Gabi Delgado, Sänger der deutschen Wave-Legende DAF. Im Vergleich zu den älteren Editors-Songs polarisieren die neue Synthiestücke; live sind die Londoner trotzdem ein Ereignis. Das liegt auch an der manischen Präsenz von Sänger Tom Smith. Dieser trägt seine Songs mit einer Inbrunst vor, als wollte er sich für den Film „Crank“ bewerben. (Darin muss der Hauptdarsteller einen bestimmten Adrenalinpegel aufrechterhalten, um nicht tot umzufallen.)
War der Irrsinn bei den Editors nur angedeutet, so machten die Hives daraus gar keinen Hehl. Die Schweden traten in weißen Overalls auf, die nicht zufällig an Zwangsjacken erinnerten. Moderator Bela B. von den Ärzten hatte sie als „zweitbeste Band der Welt“ angekündigt, was Sänger Pelle Almqvist nicht auf sich sitzen lassen wollte: „We’re the best band on the planet and these are the 14 best songs ever.“ Sprach’s und begann zu rocken. An den Entertainmentqualitäten der Hives war in den nächsten 90 Minuten nicht zu zweifeln. Almqvist animierte das Publikum wie ein irre gewordener Kirmesbudenbesitzer, der den Gästen auf seiner Achterbahn immer weitere Runden ankündigt. Den Fans war es nur Recht. Mit jedem Song rappelte es mehr im Karton. Nach 90 Minuten hinterließen die Hives ein glücklich-erschöpftes Publikum und ein FZW, das nach diesem Abend ein ganzes Stück „eingelaufen“ wurde.