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Unauffällig, praktisch, allgegenwärtig: Mit der Handy-Kamera macht man Fotos im Vorbeigehen – und hat sie genauso schnell bearbeitet. Die meisten Programme gibt’s fürs iPhone, und die Bewegung der mobilen Fotografen hat einen Namen: iPhoneografie.
„Die beste Kamera ist die, die du dabei hast“, finden schlaue Fotografen. Das Handy haben in der westlichen Welt inzwischen die meisten dabei – inklusive Kamera. Die hielt anfangs hauptsächlich für Schnappschüsse her, und Kinder-, Katzen- und Party-Bilder werden immer noch weit in der Überzahl sein. Aber seit ein paar Jahren benutzen immer mehr Menschen ihre Handy-Kamera, um überlegt Bilder zu machen. Und weil die sichtbarsten Fotografen Apples iPhone benutzen, ist die Bewegung danach benannt: iPhoneografie.
Je smarter das Phone, desto besser die Kamera? Galt zu Beginn nur bedingt: Die Kamera im iPhone war für ihre niedrige Auflösung und den schlechten Bildsensor berüchtigt. Ungünstige Bedingungen fordern kreative Lösungen, und so feierten die Programm-Entwickler die schlechte Qualität der Bilder, indem sie entsprechende Apps auf den Markt brachten: Mit deren Filtern sehen die Fotos aus, als seien sie mit russischen oder chinesischen Plastik-Kameras gemacht - hübsch retro und richtig cool.
Dass die iPhoneography blüht und nicht die Blackberryography wird auch damit zu tun haben, dass die Sowieso-schon-Kreativen sich tendenziell der Marke mit dem Apfel verbunden fühlen. Viele fotografieren auch mit ausgewachsenen Kameras, andere frönen der Bilderlust erst, seit sie den Spaß mit den Apps entdeckt haben. Und manche sind so streng wie Veganer: Wahre iPhoneografie ist für sie nur das Bild, das mit dem Handy aufgenommen, bearbeitet und ins Netz geladen worden ist.
Die 10 besten Foto-Apps
Man kann das für Spielerei halten – oder für Kunst
Man kann das für Spielerei halten. Oder für Kunst. Beides ist richtig: Selbstverständlich sind die meisten mit Mobiltelefonen gemachten Schnappschüsse keine Kunst – einige sind es allerdings zweifellos. Das Schönste daran ist, dass man sich die Kunstwerke im Internet ansehen kann, denn wer sein iPhone als Kamera benutzt, will seinen Blick auf die Welt in der Regel mit anderen teilen.
Sehr viele iPhoneografen, wie sie sich die Handy-Fotografen gern selbst nennen, zeigen ihre Arbeiten auf dem Foto-Portal Flickr. Dort wird sichtbar, dass die mobile Fotografie zum Beispiel die „Street Photography“ wiederbelebt hat: So schwierig es ist, mit großen Spiegelreflex-Kameras unauffällig Straßenszenen festzuhalten, so leicht ist es mit dem Mobiltelefon – weil Menschen, die auf ihr Handy starren, sowieso zum Straßenbild gehören. Aber auch alle anderen Genres der Fotografie tauchen auf, und nach der Kamera-Statistik der Plattform stammen zeitweise die meisten Bilder, die auf Flickr hochgeladen werden, vom iPhone 4, knapp vor den großen Kamera-Herstellern Nikon und Canon. Inzwischen bilden sich auch die ersten Gruppen für diejenigen, die mit einem Android-Handy Bilder machen - das heißt dann Droidography. Die besonders mobilen unter den Mobilfotografen halten Flickr allerdings für ein bisschen verschlafen und finden, dass Instagram, eine Mischung aus Foto-App und Social Network, die mobile Foto-Freunde-Vernetzung sehr viel besser hinbekommt.
Das Leben dokumentieren
Man hat sie immer dabei, sie ist schön unauffällig: Mit einer solchen Kamera lässt sich das Leben hervorragend dokumentieren. Auch das im Krieg: Fotoreporter Damon Winter ist für seine mit der iPhone-App Hipstamatic für die New York Times geschossenen Fotos aus Afghanistan ausgezeichnet worden. Und angefeindet – die Bearbeitung durch das Foto-Programm sei zu gekünstelt, das sei keine Dokumentation, kein Journalismus mehr, warfen ihm Gegner vor. Die Kamera und die App seien lediglich ein Werkzeug, erwiderte Winter – auch herkömmliche Kameras erlaubten Kunstgriffe, mit denen der Fotograf den Blick der Betrachter lenke und Stimmungen wiedergebe.
Immer mehr Blogs und Webseiten befassen sich mit dem Thema mobile Fotografie – besprechen die neuesten Apps oder machen auf Sonderangebote aufmerksam , präsentieren herausragende Bilder oder bieten eine Plattform zum Ausstellen und Kontakte knüpfen. Inzwischen sind auch die ersten Bücher zur iPhoneographie erschienen, seit etwa einem Jahr gibt es eigene Ausstellungen. Und es soll schon jetzt Menschen geben, die traditionellen Kameras abschwören – und nur noch mit dem Handy fotografieren.