Essen. Er ist einer der wenigen Geisteswissenschaftler ohne Taxischein und sagt von sich selbst, dass er noch keinen einzigen Tag in seinem Leben ernsthaft gearbeitet hat. Autor und Kabarettist Frank Goosen im Gespräch mit Dr. Ludger Stratmann.
In meiner kleinen Gesprächsreihe mit Kabarett- und Comedygrößen von der Ruhr stelle ich diesmal Frank Goosen vor. Ich traf ihn vor seiner ausverkauften Vorstellung in meinem Stratmanns Theater auf dem Essener Kennedyplatz und wollte eigentlich mit uns zwei Schwergewichten beginnen, musste dann aber feststellen, dass ich, zumindest was die Physiognomie angeht, das einzige Schwergewicht war. Nachdem Frank Goosen seinen riesigen Parka ausgezogen hatte, zeigte sich die athletische Figur eines Anfang Vierzigjährigen, die in den letzten Monaten 29 kg Masse freigegeben hat.
Lieber Frank Goosen, du bist seit knapp 20 Jahren auf der Bühne…
Frank Goosen: Nicht ganz – 17 …
Was hast Du denn vorher gemacht?
Frank Goosen: Ich habe studiert: Geschichte, Germanistik und Politikwissenschaften, sogar bis zum Ende. Ich bin einer der wenigen Geisteswissenschaftler ohne Taxischein.
Was dir für das Schreiben sicher entgegen kommt...
Frank Goosen: Ja natürlich, man hat gelernt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Aber gut, dass es die Bühne geworden ist; sonst hätte ich womöglich promoviert und würde heute wahrscheinlich für wesentlich weniger Geld in einer Uni vor mich hinvegetieren.
Häufig geht man ja von der Annahme aus, dass zu viel Wissen es einem schwerer macht, die Leute zum Lachen zu bringen…
Frank Goosen: Das stimmt! Aber wie bei Gerd Müller vorm Tor gilt: Nicht nachdenken; es einfach machen! Gut ist aber die Mischung: Sich vorher mit einer Sache beschäftigen und dann auf der Bühne so tun, als wäre es einem gerade eingefallen.
Viele unserer Kollegen kommen ja aus handwerklichen Berufen…
Frank Goosen: Wie? Ich dachte, das wären alles abgebrochene Lehrer!
Nee, die meisten waren mal richtig „draussen auffe Arbeit“. Und du?
Frank Goosen: Also, ich habe in meinem Leben noch keinen Tag ernsthaft gearbeitet, und das habe ich auch in Zukunft nicht vor. Mein Vater war Elektriker und sagte immer „Frank, du hilfst mir am meisten, wenn du nicht dabei bist.“ Außer einem kurzen Praktikum im Sauerland nach dem Abi ist da nicht viel gewesen.
War die Schule für dich auch so ein Gewürge?
Frank Goosen: Nun, Vokabellernen habe ich schon für notwendig erachtet, nur nicht unbedingt für mich! Einen Paptus habe ich auch hingelegt – durch Mathe, Latein und Claudia. Meine wahren Talente haben sich erst im Studium gezeigt.
Wir Kleinkünstler schlafen ja gern bis in die Puppen. Oder bist du einer von denen, die morgens pünktlich am Schreibtisch sitzen und schreiben?
Frank Goosen: Du wirst lachen: Letzteres! Ich schreibe ja auch Romane. Außerdem wird meine Arbeitszeit von kleinen Kindern bestimmt, die morgens in die Schule gehen, so dass ich nur von 9 bis 13 Uhr konzentriert arbeiten kann. Wenn ich dann abends noch auf die Bühne gehe, bin ich morgens ziemlich platt. Aber Zeitung ist trotzdem angesagt, Sportteil WAZ, dann Kultur, dann Mantel, dann Arbeit.
PS:
Es war ein großartiger Abend mit Frank Goosen im ausverkauften Stratmanns Theater. Er wird jetzt alle zwei bis drei Monate dort auftreten – neben den bekannten Stratmann-Aufführungen, neben „39 Stufen“, „Männerhort“, „Caveman“ und „Cavewoman“. Der nächste Auftritt ist am 1. April, weitere unter:
Das neue Programm von unserem Doktor Stratmann heißt „Kunstfehler“ und geht vom 8. bis zum 28. Mai auf große Premierentour durchs Ruhrgebiet.
Was ist eigentlich mit Schalke los? Ausverkauf?
Frank Goosen: Schalke? Ich beschäftige mich ja in erster Linie mit meinem eigenen Verein, dem VFL! Schalke, da kuck ich mal rüber und denke, auf dem Niveau möchten wir auch gern mal leiden. Bei uns geht es ja permanent um die Existenz, wo sie dort die Millionen raushauen und dann nicht mal in Schönheit sterben…
Wie ist das eigentlich mit der Identifikation beim Fußball? Ich erinnere mich da an ein Spiel von Schalke, da war Asamoah der einzige Deutsche auf dem Platz...
Frank Goosen: Das sehe ich nicht als Problem. Einer hat mal so schön gesagt: „Es gibt immer eine Idee von einem Verein, die größer ist als der Verein selber.“
Wie kann es dann Rassismus ausgerechnet auf dem Fußballplatz geben?
Frank Goosen: Das ist ja zum Glück die Ausnahme. Perspektivlosigkeit, oft durch Arbeitslosigkeit, führt bei einigen dazu, sich an anderen abzureagieren. Das findet natürlich auch im Fußball statt, weil Fußball schon auch Aggressionen transportiert. Viel mehr als das aber verbindet er die Völker. Meiner Frau ist mal nach einer Reifenpanne in Uganda ein Junge aus dem Gebüsch entgegen gesprungen, um zu helfen und sagte: „Ihr seid aus Germany? Jens Lehmann!“
Mal weg vom Fußball. Der Oberbürgermeisterkandidat von Essen hat sich gerade zum Monarchen fürs Ruhrgebiet erklärt. Was sagt denn ein Bochumer dazu?
Frank Goosen: Also zunächst mal ist Essen ja gerade so eben an Bochum für den Titel Kulturhauptstadt vorbeigezogen. Anschließend haben dann zum Glück alle Gemeinden an einem Strang gezogen. Ich bin auch dafür, dass das Ruhrgebiet eine eigene Bezirksregierung bekommt; wo die sitzt, ist mir egal. Das sind so Diskussionen, die verstehe ich nicht. Wir sollen mal lieber mit dem Öffentlichen Nahverkehr anfangen; so lange hier 24 Unternehmen vor sich hinbosseln, wird das nix. Von Vorort zu Vorort kann es doch eine halbe Weltreise sein! Transrapid, Metrorapid, nur um 5 Minuten eher in Düsseldorf zu sein? Wer will denn nach Düsseldorf?
Frank Goosen, 17 Jahre Bühne, wie viele Programme gibt es von dir als Monologist?
Frank Goosen: Fünf bis sechs, ich weiß das gar nicht so genau, dann gibt es vier Romane, ein Buch mit Kurzgeschichten und eins mit Weihnachtsgeschichten.
Was machst du denn lieber: Abends auf der Bühne stehen oder friedlich zu Hause zu sitzen und Geschichten schreiben?
Frank Goosen: Das fällt bei mir gar nicht so weit auseinander, weil ich ja auf der Bühne zwar zur Hälfte Standup mache, aber die andere Hälfte lese. Es ist schon ein besonderes Gefühl, nach ein oder zwei Jahren einen Roman fertig zu haben; aber ich bin auch eine Rampensau und genieße den Applaus. Seit ich auf der Bühne nur noch Themen behandle, die mich wirklich interessieren, wie bei meinem Fußballprogramm „Echtes Leder“ oder bei „A40“, wo ich nur noch vor meiner eigenen Haustüre kehre, da merke ich: Die Leute folgen mir. Ich mache jetzt, glaube ich, beruflich genau das, wofür ich auf der Welt bin.
Stört dich das Alleinsein während der Auftritte?
Frank Goosen: Überhaupt nicht, ich bin ja Einzelkind in einer vierköpfigen Familie und ich genieße auch das Alleinsein mal über zwei oder drei Tage; länger mache ich ja keine Touren. Es ist natürlich auch ein Risiko: Lohnfortzahlung gibt’s ja nicht und man weiß ja nie, ob’s auch klappt. Ich musste mal gut verkaufte Auftritte absagen wegen Windpocken, eingefangen von meinen Kindern. Das tut dann schon mal weh, auch finanziell.
Ich bemängele ja immer, dass ich zu Hause nicht als Star anerkannt werde. Wie geht es dir?
Frank Goosen: Wenn ich mich meinem Zuhause nä-here, nehmen die Frau und die Kinder schon mal an der Tür Aufstellung, denn die Kinder sind jetzt schon so groß, dass man ihnen das Schwenken von Palmwedeln beibringen kann…
Frank, ich danke dir auch im Namen aller Leser der RUHR REVUE herzlich für das Gespräch!