Essen. Das zweite Leben eines Bottroper Allgemeinmediziners: zwei Millionen Live-Zuschauer und die Theater-Praxis proppenvoll. Jetzt kommt das fünfte Kabarett-Programm von Dr. Ludger Stratmann mit dem bezeichnenden Titel "Kunstfehler" auf die Bühne. Ein Gespräch.
Das hätte er mit Patienten nie geschafft: Vor zwei Millionen Zuschauern hat Dr. Ludger Stratmann bislang live sein medizinisches Kabarett praktiziert. Jetzt hat sein fünftes Programm Premiere: „Kunstfehler”. Lars L. von der Gönna traf den Heiler unter den Humoristen zum Gespräch.
Sie rauchen wieder . . .
Stratmann: Als ich zur berühmten Bremer Schaffermahlzeit geladen war, gab's für jeden eine riesige Pfeife, von einem Kapitän angezündet. Seitdem rauch' ich wieder. Hat auch gute Seiten: Ich hab' acht Kilo abgenommen
Und was sagt Ihr Arzt?
Stratmann: Da geh ich nicht hin. Ich bin doch nicht doof.
Sie sind kein Pocher, kein Harald Schmidt. Was sind Sie? Einzigartig?
Stratmann: So wichtig nehme ich mich nicht. Einzigartig bin ich als Ludger Stratmann, aber nicht als Komiker, Clown oder Kabarettist. Nur „Comedian” möchte ich nicht so gerne sein.
Warum?
Stratmann: Erstens aus Altersgründen, ich kann das ja gar nicht, was die machen, dieses Hin- und Herrasen wie die Bekloppten. Zweitens aus Gründen des Intellekts. Das, was ich auf der Bühne zu sagen habe – es mag einfach formuliert sein – spiegelt ja doch eine bestimmte Lebenserfahrung.
Den Ärzten geht's schlecht. Ergreift den Beruf heute nur noch, wem das Zeug zum Kabarettisten fehlt?
Stratmann: Oder wer von zu Hause gut gestellt ist und sich das leisten kann. Der größte Fehler des Gesundheitssystems war, studierte Betriebswirte an die Reform zu lassen. Assistenzärzte verdienen auf Praktikanten-Niveau. Und die Kosten sind trotzdem gestiegen, das muss man erstmal bringen!
War Ulla Schmidt je in Ihrem Medizin-Kabarett?
Stratmann: Ja, ich bin mal vor sämtlichen Gesundheitsminstern der Länder aufgetreten und sie war auch da. „Ich bin Fan”, hat sie gesagt. Das sagen ja viele, aber ich hatte den Eindruck, sie meinte es auch so.
Auf welches Organ zielt Ihr neues Programm. Herz, Leber oder eher Hirn?
Stratmann: „Kunstfehler” zielt auf die grauen Zellen. Man redet ja von der ärztlichen Kunst. Ich werde fragen, was das ist. Aber es geht natürlich auch um andere Kunst: röhrender Hirsch, Miró, Mario Barth . . .
Ihre Werbung für ein Möbelhaus, stört die Ihre Fans?
Stratmann: Kaum. Natürlich gibt es mal kritische Stimmen, aber ich steh' dazu. Ich hab ein Theater am Hals. Werbung ist gutes Geld. Aber ich würd nicht alles machen, Bommerlunder zum Beispiel nicht.
Mögen Sie keinen Bommerlunder?
Stratmann: Das auch, aber ich hätte ein Problem, dafür meine Popularität zu nutzen.
Passiert Ihnen, dass ein Kollege sagt: Du bist doch Arzt, kannze ma kucken . . .
Stratmann: Kollegen nicht, aber Publikum. Neulich bin ich auf einem Kreuzfahrtschiff mitgefahren, da hat mir ein Passagier aus Baden-Württemberg seine steife Hand gezeigt, ob ich mir die nich' mal ansehen könnte. Die Hand tut's wieder, meine Diagnose deckte sich in etwa mit der des Schiffsarztes.
Als erfahrener Arzt sehen Sie schon, wenn einer reinkommt, was das für ein Patiententyp ist. Nehmen wir Frank Walter Steinmeier . . .
Stratmann: Ein Mann, der alles weiß, der eine Stunde redet. Der braucht den Arzt nur zur Bestätigung seiner längst sicheren Erkenntnis. Das Phänomen kenn' ich von Lehrern.
Angela Merkel . . .
Stratmann: . . . eher hilfsbedürftig, das meine ich aber nicht negativ. Ich glaube, die ist in der Lage, Kapazitäten anzuerkennen.
Papst Benedikt . . .
Stratmann: Somatisch ist da, glaube ich, nicht viel zu machen. Der Mann ist so durchintellektualisiert, dem kann man nur neurologisch beikommen.
„Kunstfehler” spielt viel im Schrebergarten: Wie deutsch sind sie?
Stratmann: Früher war ich chaotisch. Und auch in meinen 30 Jahren als Camper auf Norderney sicher nicht der Musterknabe. Ich gebe aber zu, dass ich in einem Alter bin, wo ich mit bestimmten Tugenden etwas anfangen kann. Aber: Liberalität und Kleingarten passen einfach nicht zusammen.
Trotzdem mögen Sie diese Welt der eigenen Scholle.
Stratmann: Ja! Das ist doch in einer total globalisierten Welt ein kostbarer Ort des Bauchdenkens!
Sie sind keiner für die „Schillerstraße” – oder?
Stratmann: Sagen wir mal so: Den Scheiß, den ich rede, will ich mir überlegen können.
„Kunstfehler” ab 21. April. Vom 8. - 29. Mai geht Stratmann mit „Kunstfehler” auf Ruhrtour: von Herne bis Dortmund.