Bochum. .

Was fasziniert die Zuschauer am Dschungelcamp? Warum wählen sie ausgerechnet das weinerliche Model Sarah in die ekeligen Prüfungen? Medienpsychologe Jo Groebel ist sich sicher: Das Verhalten des Publikums ist sadistisch geprägt.

Das Verhalten der Zuschauer der RTL-Dschungelshow „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“ ist nach Auffassung von Experten sadistisch geprägt. „Dass die Zuschauer mehrmals hintereinander Sarah Knappik für die Prüfung ausgewählt haben, kann als gedämpfter Sadismus aus der Anonymität heraus bezeichnet werden“, sagte Medienpsychologe Jo Groebel. Die Zuschauer bestraften die ehemalige „Germany“s Next Topmodel“-Kandidatin und ließen sie leiden, weil sie die Leute nerve.

Außerdem ergötzt sich das Publikum Groebel zufolge daran, Sarah bei den Prüfungen sehen zu können, weil sie auf alle Situationen besonders extrem reagiert. Das Publikum liebe es, mit der Wahl des nächsten Prüflings selbst ins Geschehen eingreifen zu können. „Der Zuschauer ist Bestrafender, Regisseur und Sadist gleichzeitig“, fasste Groebel zusammen.

Typische Merkmale der Gruppendynamik

Beim Dschungelcamp, wo die Teilnehmer auf einem begrenzten Raum leben, können typische Merkmale der Gruppendynamik beobachtet werden. „Einer der hervorstechendsten Phänomene ist, dass vorhandene Charaktermerkmale verstärkt werden, aggressive Menschen werden zum Beispiel noch aggressiver, behütende Leute werden noch behütender“, sagte Groebel. Insgesamt könne man sich das Dschungelcamp als extreme Stresssituation vorstellen, wo die jeweiligen Persönlichkeitsmerkmale zum Vorschein kommen.

„Es gibt dort immer die Überlegen-Distanzierten, die versuchen, cool zu bleiben. Und es gibt immer diejenigen, die mit Panik oder Aggression auf bestimme Situationen reagieren“, fügte er hinzu. In jeder Gruppe gebe es zudem einen Führer, einen Außenseiter sowie einen Sündenbock. „Ein alter Klassiker der Gruppendynamik ist auch, kleinere Gruppen zu bilden, um sich von den anderen abzusetzen.“

Die Tatsache, dass den Dschungelcamp-Teilnehmern angekündigt, was sie im Rahmen ihrer Prüfung essen oder trinken müssen - ob Maden, Hoden oder Raupen - macht die Aufgabe Groebel zufolge besonders abstoßend. „Der Film im Kopf macht die ganze Sache eklig.“ Das Dschungelcamp lehre uns damit, wie kulturabhängig Essen sei. „Oft sind es die Vorstellungen, die Ekel hervorrufen und nicht der Geschmack selbst“, fügte der Medienpsychologe hinzu.

Überraschend an der RTL-Show sind für Groebel weniger die ekligen Prüfungen als die unterschiedlichen Charaktere der Teilnehmer. „Was jede Staffel des Dschungelcamps spannend macht, ist dass jede Person im Groben vorhersagbar ist, aber im Detail überhaupt nicht.“ (dapd)