Essen. Unser Wegweiser für Arthouse-Fans in NRW. Es geht um betrogene Hoffnungen, geplatzte Träume und um die Liebe. Ein Vorschlag für den Valentinstag.

1. Hundreds Of Beavers

Jean Kayak war Produzent von Apfelschnaps und zugleich sein bester Kunde. Dann verliebte er sich in eine Fellmacherin. Aber bevor er die Dame des Herzens (Olivia Graves beherrscht Schlachtermesser und Tanzstange) in die Arme schließen kann, muss er sich als Biberjäger beweisen. Die Selbstausbildung zum Trapper ist voller Tücken.

Wie viele Tücken es dann wirklich sind, welche Hindernisse genommen werden müssen und welche Feinde bezwungen, das addiert sich in den Einzelszenen wie im Gesamtwurf zu einer Lachbombe, deren Gagvolumen so schnell nicht zu übertreffen sein wird.

Regisseur/Drehbuchautor Mike Cheslik entwarf ein Nordabenteuer im Stile Jack Londons, verarbeitete es mit Buster Keatons akrobatischem Slapstick, Charlie Chaplins humanitärer Ader und dem Cartoon-Humor von Tex Avery und Monty Python.

In der Hauptrolle glänzt Co-Autor Ryland Brickson Cole Tews, dessen Gesicht zwischen Ingrimm, Gier und Verzweiflung bis zu ungebremster Zuversicht und heller Freude alle Emotionen in karikaturesker Überhöhung hervorbringt. Wie das alles dann in einem Tornado der Zitate und Stilmittel durcheinander wirbelt, ist für jeden ein Fest, der schon den Humor der Frühwerke von Sam Raimi und Peter Jackson, vor allem aber die unbegrenzten Zerstörungsspäße von Tom und Jerry zu schätzen wusste. Mehr geht nach aktuellem Stand der Dinge erst mal nicht.

Läuft aktuell im Capitol (Bochum), im Casablanca (Bochum), im Roxy (Dortmund), im Metropol (Düsseldorf) und im Astra (Essen)

2. Hundschuldig

Neu im Kino ist auch „Hundschuldig“ mit einem klaren  Sympathieträger.
Neu im Kino ist auch „Hundschuldig“ mit einem klaren Sympathieträger. © Weltkino | Bande à part

Eine erfolglose Anwältin übernimmt einen hoffnungslosen Fall. Sie soll einen Hund verteidigen, der drei Frauen biss und deshalb eingeschläfert werden soll. Eigentlich ist es nicht zu glauben, aber diese satirisch aufgepolsterte Gesellschaftskomödie aus der französischen Schweiz basiert auf einem wahren Fall.

Wer Schweizer Kino in den letzten Jahren als Hort bräsiger Gediegenheit in Erzähl- und Gestaltungsweise erlebte, darf hier dankend umdenken. Ein Gerichtsdrama mit einem Hund im Zentrum, das gelingt weitgehend vergnüglich, erlaubt sich aber auch satirische Schärfe gegen Auswüchse von selbstgerechten Wohlstandsmilieus. Hauptdarstellerin Laetitia Dosch, die auch für Buch und Regie verantwortlich zeichnet, bleibt in allen Zielsetzungen klar: Der Hund ist der Sympathieträger des Films.

Läuft aktuell im Casablanca (Bochum), im Sweet Sixteen (Dortmund), im Bambi (Düsseldorf) und im Luna im Astra (Essen)

3. Unser Valentinstagstipp: Wie die Liebe geht

„Wie die Liebe geht“: Hier die Hochzeit von Sarah und Patty.
„Wie die Liebe geht“: Hier die Hochzeit von Sarah und Patty. © real fiction | Real Fiiton

Statt Romantikstress eine Doku, die ans Eingemachte geht. Vier Paare, beobachtet in den ersten sieben Jahren ihrer Beziehung. Die Filmautorinnen Judith Keil und Antje Kruska haben Film geschaffen, der intensiv, belebend und erfrischend ist. Mit 154 Minuten nicht geeignet für Freunde des cineastischen Schnellverzehrs, für alle anderen umso mehr.

Läuft im Casablanca (Bochum), Filmstudio Glückauf (Essen, 14. und 16. Februar), im Sweet Sexteen (Dortmund, 14. Februar, 18 Uhr; Antje Kruska ist zu Gast, im Metropol (Düsseldorf 15. und 16. Februar) und im Rio (Mülheim, 19. Februar)

4. Harold und Maude

Ein selbstmordgefährdeter Junge findet wieder zu Freude am Leben in der Beziehung mit einer 80jährigen. Hal Ashbys pechschwarze Komödie ist einer der großen Kultfilme der 70er, aber nicht jedermanns Geschmack. Mit Bud Cort, Ruth Gordon und der Musik von Cat Stevens.

Läuft aktuell im Galerie Cinema (Essen)

5. Die Wärterin

Neu im Kino: „Die Wärterin“ mit Sidse Babett Knudsen.
Neu im Kino: „Die Wärterin“ mit Sidse Babett Knudsen. © 24 Bilder | 24 Bilder

Eva, Anfang 50, arbeitet im Strafvollzug. In einer neuen Gruppe Häftlinge fesselt der als besonders gefährlich eingestufte Mikkel Iversen ihre Aufmerksamkeit. Seinetwegen lässt sie sich in die Abteilung für Schwerverbrecher versetzen. Mit gezielten Aktionen beginnt sie Iversen unter Druck zu setzen, bis sie übertreibt und Iversen zurückschlägt.

Ein unbequemer Thriller mit psychologischem Tiefgang, inszeniert vom Dänen Gustav Möller, der nach „The Guilty“ erneut eine Drucksituation in abgezirkeltem Umfeld unter die dramatische Lupe nimmt.

Schauspielerisch gelingt dabei erneut Hochklassiges dank Charakterdarstellerin Sidse Babett Knudsen und dem in der Tat angsteinflößenden Sebastian Bull (!) in der Häftlingsrolle. Es spricht für den Film, dass er sich nicht zu leichten Vorverurteilungen hinreißen lässt. Allerdings nagt genau das an der Genrespannung. Hier gilt dann mal: Man kann nicht alles auf einmal haben.

Läuft ab 20. Februar im Casablanca (Bochum), im Roxy (Dortmund) und im Metropol (Düsseldorf)

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