Oberhausen. Nach der kurzen Sommerpause des Kinos im Walzenlager ist jetzt wieder Zeit für: die Arthouse-Filme der Woche in Oberhausen.
Filmkunst-Genießer dürfen sich wieder die Lippen lecken: Das Kino im Walzenlager öffnet nach kurzer Sommerpause wieder seine Spezialitäten-Lokalität im Zentrum Altenberg. Und auch die nicht-klimatisierte Lichtburg, Elsässer Straße 26, lässt sich nach einer Glutwoche nicht mehr nur als Sauna genießen. Außerdem starten dort zwei wahrlich ungewöhnliche Frauen-Filme.
Verführung zum Fernweh
Doch zunächst zu einem Werk, das – jedenfalls unter begeisterten Fußgängern – vielleicht noch mehr Fernweh stiftet als der bezaubernde Sommerfilm „303“: In „Portugal - der Wanderfilm“, jeweils um 18 Uhr im Walzenlager, begleiten sehnsuchtsvolle Silke Schranz und Christian Wüstenberg während ihrer 1000 Kilometer zu Fuß von der Algarve über Lissabon bis nach Porto. Das beiden Filmemacher hatten es in ihrem Lieblingsland Portugal oft bedauert, an wunderschönen Stränden irgendwann wieder umdrehen zu müssen – zurück zum Mietwagen. Ihre Sehnsucht, zu erfahren, was sie hinter dem nächsten Felsen erwarten würde, wurde so groß, dass sie es eines Tages einfach gemacht haben. Aus 100 Kilometern auf dem Wanderweg Rota Vicentina an der wilden Atlantikküste der Algarve wurden schließlich 1000 Kilometer bis nach Porto.
Experiment in Pastellfarben
Der Norden Europas kontert im Walzenlager, jeweils um 20 Uhr, mit dem Thriller „The Guilty“ von Gustav Möller: Asger Holm (Jakob Cedergren) erhält in der Notrufzentrale den Anruf einer entführten Frau. Als die Verbindung plötzlich abbricht, beginnt die Suche nach ihr und ihrem Entführer. Asgars einzige Waffe ist das Telefon. Der auf engstem Raum spielende, höchst konzentrierte Thriller entwickelt seine enorme Spannung allein aus den dramatischen Entwicklungen am Telefon und dem fulminanten Spiel des Hauptdarstellers.

„Walzenlager“-würdig in seinem experimentellen Wagemut ist das von den Frauenfilmtagen „Visuelle“ für die Lichtburg auserwählte Werk „Das melancholische Mädchen“, zu sehen am Freitag und Samstag, 2. und 3. August, jeweils um 23 Uhr. Filme wie das mit dem Max Ophüls Preis 2019 geehrte Kinodebüt der Autorin und Regisseurin Susanne Heinrich sind hierzulande eine Rarität. Dieses Werk erzählt keinen Plot, sondern legt konsequent die filmische Form offen. Das eigentlich Bemerkenswerte an dem experimentellen Debüt ist aber, dass der feministisch-gesellschaftskritische Film trotz seiner Theorie-Fracht keineswegs langweilt, sondern auf gewitzte Weise unterhält.
Großstädter wagen das Landleben
Im Mittelpunkt steht das titelgebende melancholische Mädchen (passend besetzt mit Marie Rathscheck), das wie sämtliche Figuren namenlos bleibt – darunter der Existenzialist, die Clubfreundin, der Normalo. Auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz streift die selbst ernannte Autorin mit Schreibblockade durch Berlin und trifft verschiedene Männer, die sie schnell mit nach Hause begleitet und oft unvermittelt wieder sitzen lässt. Der Film unterteilt sich in 15 Episoden mit Titeln wie „Feminismus zu verkaufen“, „Die Gewalt der Liebesmärchen“ oder „Objekte der Begierde“.
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Konventioneller erzählt „Unsere große kleine Farm“ vom Mut zum unkonventionellen Leben, in der Lichtburg nur am Sonntag, 4. August, um 10 Uhr. John und Molly Chester, träumten schon immer von einer Farm mit natürlicher Landwirtschaft, leben aber in einem kleinen Apartment in Los Angeles. Erst als sie den Hund Todd zu sich nehmen, beschließen sie, aufs Land zu ziehen und dort einen Neuanfang zu wagen. Die sieben Jahre, die folgen, hat John Chester in seinem Dokumentarfilm festgehalten: Er erzählt von einem anderen, vielleicht besseren Lebensstil – und lässt die Zuschauer träumen.