Berlin. Eine brutale Mordserie erschüttert die Hauptstadt im „Tatort“. Die Ermittler Mark Waschke und Corinna Harfouch stoßen dabei an Grenzen.

Die trauen sich was! In einer Woche ist Bundestagswahl. Da sollte man sich im Fernsehfilm geflissentlich in politischer Neutralität üben. Nicht aber beim neuen „Tatort“ aus der Hauptstadt. Da gibt es gleich eine ganze Mordserie im politischen Berlin. Ein SPD-Politiker wird erschossen. Und eine Frau, die mehr darüber zu wissen scheint, wird von einer Politikerin der Linken gedeckt. Die versucht, die Ermittlungen sogar übergriffig zu behindern.

Politische Ranküne – und das kurz vor der Bundestagswahl

Bei solch politischen Rankünen staunt der Zuschauer schon. Der Krimi, so erfährt man, ist angelehnt an wahre Geschehnisse. Aber seltsam ist die Platzierung dieser Folge mitten im kurzen, aber heißen Bundestagswahlkampf doch.

Ein Mord geschieht hier buchstäblich mitten in der Stadt. Ein Mann wird vor dem S-Bahnhof Friedrichstraße gezielt erschossen. Offenbar ein Scharfschütze, der mit eiskalter Präzision vorging. Das Opfer, Jürgen Weghorst, war ein SPD-Mann, der nach einer Affäre zurücktreten musste. Er war auf dem Weg zu einem Journalisten, bei dem er „in die Offensive gehen wollte“.

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Tatort: Vier Leben
Der Scharfschütze, findet Kommissarin Bonard heraus, lauerte auf dem Dach des Berliner Doms. © ARD | rbb

Zunächst glauben die Kommissare Susanne Bonard (Corinna Harfouch) und Robert Karow (Mark Waschke) noch an eine Spur in die Lebensindustrie, weil Weghorst zuletzt für einen Lobbyverband gearbeitet hat. Aber dann kommt heraus: Er wurde von einer Afghanin Soraya Barakzay (Pegah Ferydoni) bedroht. Weghorst war zum Zeitpunkt des überstürzten Abzugs der internationalen Truppen im August 2021 nämlich in Afghanistan. Liegt das eigentliche Mordmotiv hier?

Mehr ein Politthriller denn ein Krimi, mitten im politischen Berlin

Die Kollegin aus der Lebensmittellobby mauert. Und schaltet höhere politische Stellen ein, die die Ermittlungen torpedieren. Aber dann wird auch sie erschossen, vor den Augen Karows. Mitten im Humboldt-Forum. Der Scharfschütze muss sich auf dem Dach des Berliner Doms versteckt haben. Obwohl der zuvor von der Polizei gesichert wurde. Weil der König aus England zu Besuch kommen sollte. Und es wird, der Titel der Folge, „Vier Leben“, deutet es an, noch häufiger geschehen, dass Karow, zunehmend traumatisiert, Zeuge eines kaltblütigen Mordes wird.

Nachdem der Berliner „Tatort“ zuletzt ziemlich langsam erzählt wurde, hetzt diese Folge von Thomas André Szabó (Drehbuch) und Mark Monheim (Regie) atemlos durch die Stadt. Informationen werden nur so runtergerattert. Mal schnell ein Bier aus dem Kühlschrank holen? Das sollte der Zuschauer tunlichst vermeiden. Aber auch Frau Bonard gibt einmal zu, dass sie kaum noch durchsteigt.

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Spielten die Berliner „Tatorte“ mit Waschke und Meret Becker noch an den ruppigen Kanten der Hauptstadt, ging es seit dem Wechsel mit Frau Harfouch eher gemächlicher zu. Jetzt aber rückt erstmals das politische Berlin ganz ins Zentrum. „Vier Leben“ ist denn auch weniger ein Krimi denn ein Politthriller, bei dem die in den ehemaligen Flughafen Tegel ausgelagerten LKA-Beamten kaum hinterherkommen.

Ein spannender und intensiver Fall, bei dem man kaum hinterherkommt

Großartig spielt Pegah Ferydoni, die man gerade so ganz anders im Kino in „Feste & Freunde“ erleben kann. Vieles erfährt man dabei über die desaströsen Umstände des Afghanistan-Abzugs. Der Königsbesuch wird schon bald abgesagt. Und Kommissar Karow begibt sich in höchste Gefahr, um nicht noch jemanden vor seinen Augen sterben sehen zu müssen.

Ein höchst spannender und intensiver Fall, den man aber vielleicht gleich in der Wiederholung auf One noch mal schauen mag. Um zu checken, ob man alles richtig verstanden hat.

„Tatort: Vier Leben“: ARD, 16. Februar, 20.15 Uhr