München. .

Mit „Number One!“ (Dienstag, Kabel1) versucht MTV-Veteran Markus Kavka, das Format des Pop-Porträts wiederzubeleben. In der ersten Folge der neuen Staffel besucht er Ozzy Osbourne – und kratzt nur an der Oberfläche der Musikgeschichte.

Seien wir ehrlich, als Clipansager war Markus Kavka schon immer unterfordert. In den letzten Jahren wirkte der dienstälteste MTV-Moderator irgendwie verloren – wie ein promovierter Musiklehrer, den es in eine Brennpunktschule verschlagen hat. Kavka wollte Hintergründe erzählen, Menschen für Musik begeistern, die Senderchefs zeigten lieber amerikanische Teenager im Dating-Stress. Der Graben war kaum zu überbrücken.

Das hat Kavka inzwischen anscheinend selbst gemerkt. Und so sieht man ihn jetzt häufiger in Sendungen, die seinen Fähigkeiten entsprechen. Zum Beispiel auf 3sat. Da lotet er, gemeinsam mit Sarah Kuttner, humorvoll die Unterschiede zwischen Männlein und Weiblein aus („Frau Kuttner & Herr Kavka“). Etwas näher an seinem Kerngeschäft ist die Reihe „Number One!“, deren zweite Staffel heute Abend auf Kabel 1 beginnt. Das Ganze ist als klassisches Musiker-/Bandporträt konzipiert. Vielleicht sogar ein bisschen zu klassisch.

Rod Stewart, Linkin Park, Scorpions – es ist die Mitte des Mainstreams

Die Auswahl der Gesprächspartner bläst einen nicht gerade aus den Schuhen: Rod Stewart, Linkin Park, Scorpions. Es ist die Mitte des Mainstreams, wenn man so will. Das leuchtet einerseits ein – immerhin läuft „Number One!“ bei Kabel 1, also nicht im Spartenkanal. Andererseits fragt man sich, warum Kavka auschließlich etablierte Künstler herausgesucht hat, bei denen nicht gerade Nachrichtennotstand herrscht.

Die Probleme machen sich schon in der ersten Folge bemerkbar, in der Kavka Metal-Veteran Ozzy Osbourne interviewt. Das Gespäch findet in einem 5-Sterne-Hotel statt, man sieht ein Dutzend Techniker und Pressemenschen, der übliche Promo-Zirkus eben. Osbourne ist einer von Kavkas Helden, die Fragen sind respektvoll, um nicht zu sagen: ein bisschen brav. Wie hat Osbourne als Kind gelebt, wie kam er zu Musik, wie hat er die Drogen überlebt? Überrraschendes oder Skurriles erfährt man eigentlich nur in den dokumentarischen Einspielern zwischen den Interviews. Stellt sich heraus, dass Black Sabbath als Blues-Coverband begonnen haben, dass Osbourne die Einführung des Aufklebers „Explicit Content“ verschuldet hat und dass er die berühmte, von ihm geköpfte Fledermaus (angeblich) für ausgestopft hielt.

An den Stellen, wo’s interessant wird, steigt Kavka aus

Leider werden Informationen wie diese in einer sich wiederholenden Spannungsprosa präsentiert, die ein bisschen nach Oberstufenaufsatz klingt („Osborne wurde über Nacht berühmt“, „Schon bald sollte seine Karriere ungeahnte Höhen erreichen“, „Doch schon bald sollte Schlimmes geschehen.“) Zugegeben, an Höhen und Tiefen mangelt es der Karriere von Osbourne nicht. Und wenn man den „Godfather of Metal“ vom Tod seines langjährigen Freundes Randy Rhoads sprechen hört, dann vermittelt das Interview die Art von Emotionalität und mangelndem Kalkül, die sonst weitgehend fehlt.

An den Stellen, an denen es sonst noch interessant wird, steigt Kavka merkwürdigerweise aus. So erzählt sein Gesprächspartner, während der Dreharbeiten zur Reality-Soap „The Osbournes“ habe er sich gefühlt wie eine Laborratte. Bleibt die Frage, warum er sich auf dieses jahrelange Big-Brother-Projekt überhaupt eingelassen hat. Kavka stellt sie nicht.

Auch die an sich lobenswerte Idee, den Künstler musikhistorisch einzuordnen, funktioniert kaum. Da wird die Geburt eines ganzen Genres mit der Formel „Richard Nixon + Charles Manson + Sonnenfinsternis = Metal“ abgehandelt, was ungefähr so ist, als bezeichnete man Punk als Ergebnis von Arbeitslosigkeit und Rockmusik.

Bleibt zu hoffen, dass Kavka in den nächsten Gespächen ein bisschen tiefer bohrt. Wäre schade, wenn „Number One“ zur allzu braven Pop-Nacherzählung würde.

  • Dienstag, 30. November, 22.15 Uhr, Kabel1