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ARD-Wetterfrosch Jörg Kachelmann zieht sich vom Fernsehen zurück. Damit tritt der 52-jährige Schweizer, der wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung vor Gericht steht, die Flucht nach vorn an.

Manche haben es ge­ahnt, jetzt ist es Gewissheit: TV-Meteorologe Jörg Kachelmann zieht sich nach Angaben der Bild-Zeitung aus dem Fernsehen zurück. Damit tritt der 52-jährige Schweizer, der wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung vor dem Landgericht Mannheim steht, die Flucht nach vorn an.

Laut Anklage soll Kachelmann die Radiomoderatorin Sabine W. (37) in der Nacht zum 9. Februar vergewaltigt und mit dem Tod bedroht ha­ben.

Unabhängig davon, ob Ka­chelmann schuldig gesprochen wird oder freikommt, geht bereits jetzt eine bemerkenswerte Medienkarriere un­rühmlich zu Ende. „Ich werde nach alldem keine Wettersendungen mehr moderieren können. Nachdem Staatsanwaltschaft und Medien mein an­gebliches Privatleben gewaltsam öffentlich gemacht haben, wär’s mit dem Blumenkohlwolken-Onkel wohl schwierig. Das Kapitel Fernsehen ist dadurch für mich beendet worden“, vertraute Kachelmann der Bild-Zeitung an. Sollte ihn das Gericht am 21. Dezember freisprechen, will er als Redakteur für sein Unternehmen Meteomedia AG weitermachen.

Uwe Kammann, Leiter des Grimme-Institutes in Marl, sieht den Rückzug von den Bildschirmaktivitäten als „einzig mögliche Entscheidung“. Denn: „Immer, unabhängig vom Prozessausgang, wäre die erste Reaktion des Publikums gewesen: Ach, Kachelmann, der mit der Vergewaltigung. Das hätte er nie durchstehen können.“

Der gebürtige Lörracher, der in der Schweiz aufwuchs, interessierte sich nach eigenem Bekunden bereits als Kind für Wetterkunde. Ein naturwissenschaftliches Studium, zu dem logischerweise auch Meteorologie gehörte, schloss er jedoch nicht ab. Stattdessen startete der gelernte Boulevard-Journalist eine Medienkarriere, die ihm einen Platz in der Geschichte von Funk und Fernsehen sichert.

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Kachelmann fand die Wetterberichte in Funk und Fernsehen staubtrocken – eine Marktlücke. Er gründete 1991 die Meteomedia AG mit Sitz im schweizerischen Gais. Von dort aus machte er zunächst beim damaligen Südwestfunk mit seinen unaufgeforderten Vorhersagen schön Wetter, so lange, bis die Programmacher ihn erhörten.

Dabei galt vor allem „Das Wetter im Ersten“ als Kachelmanns Markenzeichen. Popularität bescherte ihm erstens die Kunst, dröge Wissenschaft in TV-Poesie zu verwandeln. Seine „Blumenkohlwolken“ gehören inzwischen zum Allgemeingut.

Dazu kam, dass Kachelmann zum Gesicht der deutschen Fernseh-Meteorologie schlechthin wurde. Zauselbart und Knitteranzüge machten ihn zu einer leicht wiedererkennbaren TV-Ikone.

Allerdings sehen Medienexperten Kachelmann als schillernde Gestalt. Noch einmal Uwe Kammann: „Kachelmann hat mit dazu beigetragen, der Wettervorhersage den vorher üblichen amtlichen Ton zu nehmen.“

Zugleich warf er Kachelmann vor, „es mit der Show beim Wetter zu weit getrieben zu haben“. Ge­rade beim Tagesthemen-Wetter machte Kammann einen „Wetter-Overkill“ aus, „allein dem Kommerz und der Selbstdarstellung ge­schuldet“.

Da überrascht es kaum, dass der begnadete Selbstvermarkter Kachelmann zwischenzeitlich ins Showgeschäft drängte. So versuchte er den Show-Klassiker „Einer wird gewinnen“ erfolglos zu reanimieren.

Jetzt steht Kachelmann, in­zwischen glattrasiert, als Verlierer da. „Ich war nicht immer treu, offen und ehrlich mit meinen Partnerinnen“, zitiert ihn die Bild-Zeitung. „Ich werde noch in vielen Gesprächen Menschen um Verzeihung bitten müssen.“ Zugleich kündigte er an: „Wenn ich in Zukunft eine Beziehung führe, werde ich monogam leben.“

Kachelmanns Fall weckt Er­innerungen an den ehemaligen ProSieben-Talker Andreas Türck. Der heute 42-Jährige stand 2004 wegen angeblicher Vergewaltigung in Frankfurt vor Gericht. Er gewann den Prozess und verlor seinen Job.