Essen.

Das Festival „Musik in den Häusern der Stadt“ kommt erstmals ins Ruhrgebiet. Das Prinzip: Sponsoren öffnen ihre Häuser für Musiker. Gäste sind dazu herzlich willkommen.

Der klassische Konzertbesuch ist ein berechenbarer Dreiklang. Er besteht aus: Hingehen, zuhören, weggehen. Das macht diese Kultursparte nicht zum Spitzenreiter in Sachen Kommunikation. Eine Initiative ändert das seit geraumer Zeit recht erfolgreich. Jetzt kommt „Musik in den Häusern der Stadt“ erstmals ins Ruhrgebiet.

Natürlich hat Ruhr.2010 den Ausschlag dafür gegeben, dass nicht länger Hamburg, Köln und Berlin die einzigen Aufführungsorte sind. Vom 3. bis 7. November werden zwischen Duisburg und Dortmund Flughäfen besungen, im Schalker Glückauf-Club saxophonisch zum „Crossover“ geblasen oder in der Maschinenhalle „Friedlicher Nachbar“ mit „Frau Höpker“ zum Gesang gebeten.

Eine Chance, aufzutreten

Was ist das über den Gag hinaus? „Eine weitere Chance, aufzutreten, mit Hörern ins Gespräch zu kommen, der Musik ganz nah zu sein“, sagt Claudia Bousset von „Kunstsalon e.V.“ Claudia Bousset ist Festspielleiterin von „Musik in den Häusern der Stadt“. Diese Häuser können in der Stadt alles Mögliche sein – schicke Villen, wuchtige Fabrikgebäude, noble Lofts, lustige Läden, kunstsinnige Hinterhöfe, eine Arztpraxis oder (wie am 6. November, 18 Uhr, Friedrichstraße 47, Essen) die Zentralredaktion einer großen deutschen Tageszeitung.

Es habe, sagt Claudia Bousset, so viele Musiker gegeben, die sich eine andere Unterstützung gewünscht hätten als die übliche. Übersetzt hieß das für den „Kunstsalon“: bitte nicht noch ein Stipendium, lieber einen richtig schönen Auftritt.

Von Jazz über Weltmusik bis zur Klassik

Den bekommen alle Jazzer und Weltmusiker, alle klassischen und die zeitgenössischen Künstler, die die Initiative für ihr Festival auswählt.

Denn wer immer sein Haus zur Verfügung stellt, ist echter Gastgeber. Er lässt Fremde (Zuhörer) in die eigenen vier Wände, er bestuhlt bequem, sorgt für einen Imbiss und freut sich über jeden, der nach dem letzten Takt noch ein bisschen bleibt, um sich auszutauschen über Chansons in einer ehemaligen Backstube (Mülheim, 6.11.) oder Groovejazz (6.11.) im Alten Umspannwerk von Recklinghausen.

Es werden ständig mehr, die sich am ungewöhnlichen Sponsoren-Modell beteiligen, das ja im Grunde eine Rückkehr zu den Anfängen des Mäzenatentums ist. Man empfängt den Künstler bei sich, man begegnet ihm, man wird nicht selten seinen künftigen Weg aufmerksamer begleiten als bisher. Der Mut, seine vier Wände Unbekannten zu öffnen, gehört freilich dazu. Im Ruhrgebiet war das offenbar kein Problem. Neben Adressen von Banken, Architekten, Versicherungen findet sich im Programm vielfach der schlichte Zusatz „Privathaus“. 2010 werden es in allen vier beteiligten Regionen der Republik insgesamt 120 Konzerte an sechs Tagen sein.

Jeder darf kommen - aber angemeldet muss er sein

Gleich wer spielt, gleich wo : Immer beträgt der Eintrittspreis 18 Euro (ermäßigt 11), immer muss man sich vorher anmelden – damit die Musik nicht aus der Fuge gerät.

Natürlich kostet die „Musik in den Häusern der Stadt“ mehr als sie über den Eintritt einspielt. Die öffentliche Hand wird allerdings nicht schützend darüber gehalten. Das Festival wird ausschließlich aus privaten Mitteln finanziert. Die Gastgeber und zahlreichen Förderer stemmen das. Über den Mehrwert ist man sich einig: schlichtweg „Lebensfreude“ schaffe die „Bereicherung von Geber und Nehmer“.

Sehr schön klingen könnte es zum Beispiel...

... zum Auftakt am Flughafen Essen/Mülheim, wo „Quadro Nevo“ als Gast von Fritz Pleitgen „Tango. Musette. Weltmusik“ spielen (3.11., 20 Uhr).
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..bei einem Abend mit dem „Ulla van Daelen-Duo“ für Harfe mit Klassik, Folk und Jazz: 4.11., 19.30h, Rükontor Essen

... bei Beethoven und Brahms mitten in einer Bank mit dem Schnitzler-Quartett (4.11., 20h, Lindenallee 29, Essen)

...bei amüsanter „Fischmusik mit 3 Musikern“: Markus und Rochus Aust, Content Desk der WAZ-Mediengruppe: (6.11., 18 h, Friedrichstr. 47, Essen)

  • www.kunstsalon.de