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Die WDR-Sendung „sport inside“ beleuchtet die Hintergründe und dunklen Seiten des Leistungssports.
Quote, Quote über alles. Im Fernsehen sind Marktanteile für Programmplaner das Maß der Dinge. Publikumszuspruch dient als Erfolgsnachweis bei Werbekunden und Gebührenzahlern. Umso mehr zählt es, wenn sich die Öffentlich-Rechtlichen trauen, unbequeme Themen auch jenseits des Quotendrucks zu bearbeiten. Die hintergründige WDR-Sendung „sport inside“ steht als Parade-Beispiel dafür. Dieser Tage feierte sie ein kleines Jubiläum: ihre 100. Ausgabe.
Sport weckt Ehrgeiz
Sport dient, wie kein anderer Bereich, als sozialer Kitt der Republik. Er verspricht auch und gerade Menschen aus bildungsfernen Schichten sozialen Aufstieg. Sportlicher Erfolg rechnet sich in barer Münze und in sozialer Achtung. Sport weckt Ehrgeiz bei Aktiven und Trainern, Managern und Verbandsfunktionären. Zugleich weckt der Kampf um Millimeter und Millionen, Punkte und Prestige auch Emotionen bei den Fans. Denn Top-Sportler verwirklichen das, wovon ihre Unterstützer nur träumen können. Sport bringt Lichtgestalten hervor, und viele Medien huldigen ihnen nur allzu gern.
Nur ungern wird allerdings zur Kenntnis genommen, dass Sport auch eine dunkle Seite hat. Das gilt für Betrug durch Doping wie für Wettmanipulation. Dabei gehört Schmu im Sport genauso aufgedeckt wie Verfehlungen in jedem anderen Bereich der Gesellschaft.
Das WDR-Magazin „sport inside“, im deutschen Fernsehen einzigartig, stellt sich dieser Aufgabe. Es fängt da an, wo das wegweisende Analyseformat „Sportspiegel“ aufhörte – wenn auch mit einer kleinen Redaktion ohne formellen Chef und auf einem ungünstigen Sendeplatz am späten Montagabend. Zwei Redakteure immerhin und eine größere Zahl freier Berichterstatter sprechen von dem, was Kollegen anderer Sendungen bestenfalls mit kargen Worten würdigen, wenn überhaupt.
Redaktion deckt perfide Tricksereien auf
Dass der „Sportschau“-Ableger einen Fall perfider Trickserei von Doping-Kontrolleuren im Handball aufdeckte, war kein Zufall. Dahinter steckt System, die beharrliche Wühlarbeit einer kleinen, aber effektiven Truppe. Dabei beließ es die Redaktion nicht beim Beschreiben der Zustände. Stattdessen rang sie der Expertin Sylvia Schenk eine Forderung mit Nachrichtenwert ab: Sie will dem überforderten Sport die Zuständigkeit für Aufklärung und Ahndung von Doping entziehen. Von staatlicher Aufsicht verspricht sie sich mehr Wirkung.
Für die Wirksamkeit des 30-Minuten-Magazins spricht die clevere Argumentation der Beiträge. Die Rechnung geht auf, weil die federführenden Sport-Insider Ulrich Loke und Reiner Lefeber jedem Beitrag rund zehn Minuten spendieren – ungewöhnlich viel Zeit in der immer hektischeren TV-Welt. Dass „sport inside“ mit einem Porträt von Magath im Zirkus Schalke und einer Hommage an die vor 40 Jahren verstorbene Formel-1-Legende Jochen Rindt auch mal nur solide Beiträge abliefert, sei der Redaktion verziehen.
Selbst bei Standard-Themen geht sie, im Vergleich zu vielen Hurra-Kollegen, härter ran: Spitzensport, so die Botschaft, ist ein knallhartes Geschäft, in dem Gier zuweilen alle Bedenken wegwischt und der Begriff Sportsfreund ein Widerspruch in sich ist. Verwunderlich ist, dass „sport inside“ noch keinen Preis wert war.