Essen. Im Comic „Da war mal was...” erzählt der Zeichner Flix alias Felix Görmann mehr als 30 Geschichten, die seine Bekannten ihm über die Mauer und das Land dahinter erzählt haben – ein äußerst subtiles Porträt.

Die DDR, was war das eigentlich? Und was war die Mauer? Bevor Sie angesichts solch trivialer Fragen verständnislos den Kopf schütteln, sollten Sie bedenken, dass eine ganze Generation von heute Volljährigen nicht mehr miterlebt hat, was die DDR war. Sie kennt den Oststaat aus dem Geschichtsunterricht und aus seichten Ostalgieshows im Fernsehen. Ein Büchlein wie „Da war mal was...” war also längst überfällig.

Comiczeichner Flix, Jahrgang 1976, hat mit Menschen aus seiner Generation, von Mitte 20 bis Anfang 40, über ihren DDR-Bezug gesprochen, egal ob Ost oder West.

Warum ausgerechnet Flix? Geboren in Münster, in Südhessen aufgewachsen, lebt er seit einigen Jahren in direkter Nachbarschaft des ehemaligen Todesstreifens. Und als er 2006 gefragt wurde, ob er für den Berliner Tagesspiegel eine Seite über sein Verhältnis zur DDR zeichnen könne, erzählte er eine wahre Geschichte über Spielzeugpanzer. Ein Freund hatte ihm damals gesagt, dass man keine Spielzeugpanzer über die Grenze zu seinen Verwandten nehmen dürfe, sonst lande man im Gefängnis. Und der Siebenjährige Flix dachte sich aus, wie er dennoch Spielzeugpanzer rüberschmuggeln könnte. Obwohl er weder über Panzer noch über Verwandte in der DDR verfügte.

Mehr als 30 Geschichten

Daraufhin entstand, Seite für Seite, eine Sammlung von mehr als 30 Geschichten. Mal ganz harmlos, wie jene über den gescheiterten Traum, eines Tages glorreicher Ernst-Thälmann-Pionier zu werden. Mal erschreckend, wie die Geschichte des jungen Mario, der sich in einen Mann aus dem Westen verliebt. Als er auf dem Umweg über Ungarn zu ihm fliehen will, landet er nicht in den Armen des Geliebten, sondern in den Fängen der Stasi. Es folgen sechs Monate Verhöre und Folter in Hohenschönhausen, bevor er von der BRD freigekauft wird. Als er dann endlich im Westen ist, will sein Geliebter plötzlich nichts mehr von ihm wissen. Und sein Peiniger aus dem Gefängnis, den er Jahre später nochmals trifft, hält es nicht einmal für nötig, sich bei ihm für die angetanen Qualen zu entschuldigen.

Einige dieser Episoden streifen die große Geschichte, die Mauertoten, die Bespitzelungen, die Montagsdemonstrationen. Aber die meisten beschäftigen sich mit dem ganz alltäglichen Leben, mit der Sehnsucht nach Kuba, nach Freiheit, nach Liebe. Er zeichnet so äußerst subtil ein differenziertes Bild des Staates, ohne ihn zu verherrlichen oder zu verdammen.

Neue Episoden auf der Homepage

Flix, der mit vollem Namen Felix Görmann heißt, stellt seine Comics zurzeit auch in Berlin aus, dort wo einst die Mauer stand und wo man heute noch nach ihren Überresten suchen kann. Mit den auf den Seiten des Comicbandes vereinten Geschichten ist das Projekt „Da war mal was . . .” noch nicht beendet. Auf der Homepage zum Comic erscheinen regelmäßig neue Episoden. Und alle belegen sie, dass die steinerne Mauer heute so gut wie nirgends mehr erahnbar ist. Doch dass sie die Menschen in ihren Köpfen und in ihren Herzen noch immer beschäftigt.

Flix, „Da war mal was...”, Carlsen, 96 Seiten, 14,90 Euro