Gelsekirchen. Richard Strauss' "Ariadne auf Naxos" im Gelsenkirchener Musiktheater an der Ruhr: Ein eher provinzieller Verusch, Marthaler & Co nachzueifern. Der öde Pool füllt sich nur bedingt mit Spannung und Atmosphäre.
Durch die Wände der öffentlichen Badeanstalt dringt schon der Schwamm, darüber: eine große Uhr, die von abgezählter Unentrinnbarkeit spricht. Solche Bühnenbilder hat Anna Viebrock oft und stark entwickelt. Sie traf mit Christoph Marthaler auf einen Regisseur, der sie kongenial zu füllen wusste. Das ist der Unterschied zu Gelsenkirchen. Hier ist der Wunsch der Praxis überlegen. Den öden Pool (Bühne Vera Koch), den Winnie Karnofka und Michaela Dicu zum Zentrum ihrer „Ariadne auf Naxos” machen, vermögen sie nur bedingt zu füllen mit Spannung, Atmosphäre, Musiktheater eben.
Zugegeben: Für ein Anfänger-Team muss Richard Strauss' heikle Oper, die doch vor allem ein Werk „Kunst der Kunst” ist, mörderisch schwer sein. Es ist ein Reigen des Unerfüllten – in der Kunst wie in der Liebe, dazu ein subtiles Spiel überlappender Chiffren und Mythen, kaum entwirrbar. Und so sehen wir im Haus des reichsten Mannes (das öffentliche Bad) hübsch arrangierte kleine Geschichten. Am großen erzählerischen Bogen aber scheitern Karnofka/Dicu, wenn sie von einer Welt erzählen, in der Minotaurus nur ein billiger Party-Stier ist und Bacchus ein Biedermann.
Stumpfer Klang in schmuddeliger Kachelwelt
Was den musikalischen Teil betrifft, räumen wir eine gewisse Unsicherheit ein. Ist es die unselige Akustik der schmuddeligen Kachelwelt, die die Neue Philharmonie Westfalens gegenüber Strauss' enormem kompositorischen Farbenspiel so oft stumpf klingen lässt? Oder dirigiert Rasmus Baumann da doch mehr als man am Ende hört?
Jubel für Anna Agathonos als Komponist mit sinnlich-verzweifelter Tiefe, gefeiert werden die Spitzentöne der Zerbinetta (Diana Petrova, für deren Textbehandlung Übertitel wünschenswert wären). Majken Bjernos Ariadne hat Primadonnen-Format. Dass man sie eine Ewigkeit an der Rampe siechen lässt, ist wie alles in der Antike: Schicksal.