Essen. Der Hit-Produzent tourt mit Klassik-Ensemble und beliebten Songs der 80er und 90er. Shows in Dortmund, Essen und Düsseldorf stehen an.

Seine Fans sind sich einmal mehr weitgehend einig: „Wer braucht da schon Stühle?“, „Beim nächsten Mal brauchen wir keine Sitzplätze“, „In Zwickau hat es keinen mehr auf den Stühlen gehalten“ – dies sind nur Auszüge aus den Kommentarspalten von Alex Christensens Instagram-Konto. Seit vergangener Woche reist der Erfolgsproduzent wieder mit dem Berlin Orchestra durch Deutschland, im Rahmen seiner „Classical 80s & 90s Dance“-Tournee werden einmal mehr Techno und sinfonische Klänge kombiniert. Auf seiner „Classical Dance“-Tournee 2023 begeisterten er und das Berlin Orchestra mehr als 60.000 Fans mit orchestral-elektronischen Versionen beliebter Hits aus den 80er- und 90er-Jahren. Nun wird nachgelegt, mit weiteren frischen Songs, die im vergangenen Oktober auf dem Album „The Icons“ erschienen sind. Wir sprachen mit dem Hamburger (56) über das Projekt, damit einhergehende Herausforderungen und die Profigolf-Karriere von Sohn Tiger.

Hätten Sie damit gerechnet, dass die erste volle Tour so ein großer Erfolg wird?

Es wäre vermessen, das zu sagen. Dass es aber gut laufen wird, hatte ich aber schon geahnt. Denn die Show ist einfach gut. Ich hatte damit gerechnet, dass wir so 30-40.000 Tickets verkaufen. Dass es dann so gut lief, ist natürlich umso begeisternder, ehrt mich und spornt mich an, das Programm noch besser und unterhaltsamer zu machen.

Wie weit sind Sie mit der Planung für die kommenden Tour?

Im Januar hatten wir eine Art Generalprobe in Lübeck, da haben wir etwa 80 Prozent unseres Sets gespielt. Im Vergleich zum Vorjahr haben wir etwa 60 Prozent neue Songs oder alte, die umarrangiert wurden. Es werden aus jedem Album Stücke gespielt.

Alex Christensen: „Wir werden nicht jeden Abend das Gleiche spielen“

Wie viel Raum für Improvisation bleibt?

Unser Repertoire und die Musiker sind so gut, dass wir spontan auf Publikumsrufe reagieren können. Manchmal kommen da eigenartige Sachen, Titel, die nicht auf den Alben sind. Sowas wie „Coco Jamboo“. Wir werden nicht jeden Abend das Gleiche spielen. Es gibt ja einige liebe Menschen, einige Superfans die, wie ich hörte, bei der letzten Tour zehn, elf, zwölf Mal dabei waren. Die möchte ich nicht langweilen. Ich will zudem mein Orchester noch mehr einbringen, auch die Persönlichkeiten umstellen. Die sollen keine Tapete auf der Bühne sein.

Der Running Gag war, dass ständig Fans „Du hast den schönsten Arsch der Welt“ hören wollten, obwohl der ja gar nicht aus den 80ern und 90ern kommt …

Ja, das ist einer meiner Juwelen (lacht). Auch wegen des Textes, es geht um Emanzipation. Wenn das ein Mann singen würde, wäre es chauvinistisch, so entsteht dank Yasmin da ein Twist, der die Nummer unangreifbar macht. Jetzt haben wir dazu endlich die Orchester-Version. Es passt auch gut, der Song hat eben eine sehr schöne Melodie.

Vor dem Orchester steht Alex Christensen bei den Livekonzerten an Keyboards und Mischpulten.
Vor dem Orchester steht Alex Christensen bei den Livekonzerten an Keyboards und Mischpulten. © Semmel | Marcel Brell

Sind denn Yasmin und Linda Teodosiu wieder dabei? Wie sieht es mit weiteren Gästen aus?

Ja, die beiden sind wieder fester Teil der Show, Asya auch. Ansonsten halte ich es mir von Stadt zu Stadt offen, spontan einige Bekannte von mir einzuladen, die in dem jeweiligen Ort oder in der Nähe wohnen. Die kann ich am Tag vorher anrufen und fragen „Hey, hättest du Lust, morgen Abend einen Song zu singen?“

Alex Christensen: „Techno ist für die Orchestermusiker richtig fordernd“

Wie fordernd sind denn diese Dance-Titel für das Orchester?

Wir haben auf der neuen Platte „Encore Une Fois“ von Sash! Und das ist schon richtig hart für die, danach brauchen die eine Pause. So ein Orchestermusiker muss ja nicht nur spielen können, der muss auch relativ sportlich sein. Das erfordert Muskelkraft. Posaune, Trompete und Horn spielen sehr rhythmische Sachen, die sind auch irgendwann platt. So können wir die Proben auch generell nicht zu lange ansetzen.

Ist es dem Orchester nicht manchmal schon „zu Techno“? Gerade ihre Version von „Wonderful Days“ ist ja schon sehr Rave-tauglich ...

Ja, die läuft tatsächlich auf Raves, aber die werden wir so nicht live spielen. Stattdessen haben wir dort einen Schunkel-Part eingebaut, das wird fantastisch aussehen. Es ist mir wichtig, zu zeigen, dass Techno- und Dance-Songs nicht nur geradeaus gehen, sondern auch richtig schöne Musik sein können. Das wird an solchen Stellen dann deutlich.

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Trotz aller Techno- und Dance-Anteile sind die Shows vollbestuhlt. Warum?

Das liegt an mir. Bestuhlte Konzerte sind altersübergreifender. Ich gehe selber nur auf Konzerte, wo ich sitzen darf. Stehen in einer drängelnden Menge, das war was mit 16, 17, 18 aber da stehe ich nicht mehr drauf. Zwischendurch aufstehen und tanzen – super gerne, aber ich finde es auch gut, wenn ich mich dann wieder setzen kann. Das hat eine gewisse Geselligkeit. Ich möchte zudem, dass die Musikliebhaber das einfach mal in Ruhe genießen können.

Gibt es denn schon weitere Pläne? Etwa „Classical 2000s Dance“?

Ich bin mir nicht sicher. Das Leben ist wie ein Flipper, mal weiß nie, wo die Kugel hinspringt. Einiges gärt vor sich hin, aber mal sehen. Ich bin da ganz entspannt, weil ich mir ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet habe. Es gibt nicht viele DJs, die mit Orchester auf Tour gehen. Ein Drittel des Programms sind meine eigenen Titel, da habe ich ohnehin einen Wettbewerbsvorteil.

Gibt es Songs, die Sie nutzen wollten, für die aber keine Rechtefreigabe erfolgte?

Meistens bekomme ich alles, was ich will. Aber es gibt einen Song von Bruce Springsteen, der seine Songs an eine Investmentgesellschaft verkauft hat, die nicht wollte, dass ich den Song covere. Das ist natürlich ein Grund, es trotzdem zu tun, wir werden das live spielen. Da werde ich auch die Geschichte zu erzählen. Musik ist ein Kulturgut, das muss man in seiner Version spielen dürfen. Es ist ja auch eine Ehrung des Original-Künstlers.

Es bleibt auch Raum für Soli der klassisch ausgebildeten Musikerinnen und Musiker.
Es bleibt auch Raum für Soli der klassisch ausgebildeten Musikerinnen und Musiker. © Semmel | Marcel Brell

Bald geht’s wieder los in Sachen Eurovision Song Contest. Hätten Sie nochmal Interesse, anzutreten und die ewige deutsche Misere anzugreifen?

Naja, ich bin ja sogar Teil dieser Misere (lacht). Mir hat das damals Riesenspaß bereitet, ich war bei Oprah Winfrey in der Sendung, was will man mehr? Wir sind in einem sehr verbissenen Land, die diese Sendung nicht als Unterhaltungs-, sondern als Wettbewerbsformat sehen. Die einzige Sendung, bei der ganz Europa zusammenkommt, das sollte man zelebrieren. Der Wettbewerbsgedanke ist für mich lächerlich. Nur weil irgendeine Zeitung sich das mal ausgedacht hat … Lasst die Künstler dahingehen, Spaß haben und ob sie dann Erster oder Letzter werden, ist egal. Da ist Musik wenigstens mal wieder in aller Munde, selbst die Taxifahrer reden darüber.

Anderes Thema: Vor einigen Jahren sagten Sie uns, dass Sie die großen 90er-Live-Events mit vielen Acts der Zeit für „zu trashig“ halten. Ein Event dieser Art haben Sie auf Schalke ja dann doch gespielt …

Ja, da haben sie mich mit Geld überredet, da mitzumachen (lacht) Auf Schalke zu spielen, ist aber auch wirklich geil, weil da einfach so viele Leute sind. Und mir war bewusst, dass ich da gute Werbung für meine Tour machen konnte. Es gibt aber Festivals, wo ich wirklich denke: Das ist zu trashig. Manchmal erwischt es mich dann auch, dass meine Booker für sowas buchen. Aber da mache ich mir einfach einen Spaß draus. Bin ja auch ein Fan des guten Trashs.

Aber bei Ihnen singen wenigstens alle live, oder?

Bei mir kommt niemand auf die Bühne, der oder die nicht live singen oder spielen kann. Für eine Fernsehsendung ist das in Ordnung. Aber wenn man ein Konzertticket kauft, sollte schon mindestens der Gesang live sind.

Wo wir gerade bei den 90ern sind: Haben Sie noch Kontakt zu ihren alten U96-Kollegen? Deren Planetariumsshow „20.000 Meilen unter dem Meer“ kommt bald nach Bochum ...

Von dem Projekt habe ich nichts mitbekommen. Wir waren so verblieben, dass mir die Vergangenheit gehört, also die Sachen, die ich gemacht habe. Alles Spätere gehört meinen damaligen Kollegen, ich bin da nicht involviert. Ich wünsche ihnen aber viel Glück.

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Letzte Frage: Wie lange ist Alex Christensen noch der berühmteste Mann in seiner Familie?

Ein Jahr. (lacht) Es gibt nichts Schöneres, als wenn man selber unsichtbarer und die eigenen Kinder sichtbar werden. Letztes Jahr war er beim größten Golfturnier der Welt, wo sich die besten 50 Spieler treffen. Dass sich mein Sohn da selber für qualifiziert hat und nicht irgendwie reingerutscht ist, ist eine große Leistung. Sein Leben hat sich seither auch auf links gedreht, da passiert richtig viel gerade. Für mich ist es zudem schön, auch mal in diese Golfprofi-Welt reinschnuppern zu können.

Alex Christensen & The Berlin Orchestra auf „Classical 80s & 90s Dance“-Tour: Die Termine

28.5. Dortmund (Westfalenhalle), 7.6. Münster (MCC Halle Münsterland), 8.6. Essen (Grugahalle), 9.6. Düsseldorf (Mitsubishi Electric Halle), 6.9. Dinslaken (Freilichtbühne Burgtheater). Karten ab ca. 50 €.