Castrop-Rauxel. Erst ein Erfolgsbuch, jetzt ein Theaterstück: Warum man den Bühnenauftritt von Kommissar Sörensen an der Ruhr nicht verpassen sollte.

Der Hamburger Kommissar Sörensen (Guido Thurk) hat sich nach Katenbüll in Nordfriesland versetzen lassen. In dem beschaulichen Städtchen will er seine Generalisierte Angststörung in den Griff kriegen. Mit „Sörensen hat Angst“ nach dem Roman von Sven Stricker präsentiert das Westfälische Landestheater (WLT) zum dritten Mal nach „Der Tatortreiniger“ und „25 km/h“ die Bühnenfassung einer Vorlage, in deren Zentrum der populäre Schauspieler Bjarne Mädel stand.

Am WLT führen Regisseurin Karin Eppler und Dramaturg Christian Scholze geschickt durch die Geschichte, die wunderbar austariert ist zwischen friesisch drögem Humor und einer verstörenden Krimihandlung um Kindesmissbrauch, in der es aber auch um ein Thema geht, das in der öffentlichen Wahrnehmung nicht so präsent ist. 10 bis 14 Prozent der Bevölkerung leiden unter Angststörungen, unter unkontrollierten Anfällen, die in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Bedrohung stehen.

„Sörensen hat Angst“: Viel Applaus bei der Premiere in Castrop-Rauxel.

Die erste Panikattacke befällt Sörensen gleich nach der Ankunft auf der Polizeistation, wo Malte Schuster (Tobis Schwieger) und Jennifer Holstenbeck (Tine Scheibe) den neuen Chef herzlich begrüßen. Schon diese Nähe ist unerträglich. Doch dann steht der Schreibtisch auch noch so, dass er mit dem Rücken zur Tür sitzt. „Jetzt bloß nicht kollabieren! Atmen!“, warnt seine (Thurks) innere Stimme. Wo im Film die Kamera in solchen Situationen nah an den Darsteller heran zoomen würde, ist es auf der entfernten Bühne diese Stimme, die Auskunft gibt über all die Anfälle von Ohrensausen, Atemnot, Herzrasen, Angst vor Verantwortung oder dem moralischen Wert seines Tuns (manche Täter sind eigentlich die wahren Opfer). Thurks exzellentes Spiel wird auch für den Nicht-Kenner von Roman oder Film umso verständlicher.

Kaum im vermeintlichen Paradies angekommen, ist es mit der erhofften Ruhe vorbei. Bürgermeister Hinrichs wurde erschossen. Für die nun einsetzenden Ermittlungen hat Philipp Kiefer eine prächtige Ausstattung entwickelt. Ein paar grüne Kästen, vom Ensemble (oft in Mehrfach-Rollen) rasch neu gruppiert, führen im Handumdrehen zu fast 40 Handlungsorten. Und mit jeder Station, mit jedem Schritt zu Klärung des spannenden Falles wird Sörensens Bemühung, seine Angststörung durch bewusste Konfrontation zu überwinden, erfolgreicher. Zu Recht großer Beifall.

20.10. (Marl); 21.10. (Studio WLT); 8.11. (Gladbeck). Karten: westfaelisches-landestheater.de