Essen. Großer Dirigentenreigen in Essen. Nun schloss der Italiener Riccardo Chailly mit der Filarmonica della Scala die Auftritte der Stars ab.

. Nach John Eliot Gardiner und Antonio Pappano komplettierte Sonntag Riccardo Chailly das Schnelldefilee großer Dirigenten in der Essener Philharmonie. Nicht zum ersten Mal kam er mit seiner Filarmonica della Scala, dem 1982 von Claudio Abbado gegründeten Konzertableger des Orchesters an der legendären Mailänder Oper.

Im Reisegepäck hatten sie kein italienisches Konfekt, sondern Musik von Prokofjew und Tschaikowsky. Ein Wechselspiel von Licht und Schatten. Auf der Sonnenseite: zwei parallel entstandene Werke aus Prokofjews junger Feder. Die „Symphonie classique“ als Hommage an Joseph Haydn verströmte in spätromantischer Großbesetzung wenig von ihrem fein retuschierten, neoklassizistischen Charme, der am ehesten aus dem kecken Dialog zwischen Violine und Fagott hervorlugte.

Riccardo Chailly und Emmanuel Tjeknavorian zu Gast in Essens Philharmonie

Glücksgefühle bereitete dagegen das 1. Violinkonzert mit dem fabelhaften Emmanuel Tjeknavorian, dem in der letzten Spielzeit ein Essener Künstlerportrait gewidmet war. Freundlich, fast schüchtern im Auftritt besticht der 27-Jährige durch seine geigerische Zucht und filigrane technische Brillanz bis ins Vivacissimo, Doppelgriffe, Trillerketten oder Zweiunddreißigstel-Girlanden nimmt er im Fluge und bettet sie ein in seine überragende Musikalität, die die noble Kantilene auch mal mit Süße überziehen darf. Dazu von mandolinenhaftem Reiz die Pizzicato-Zugabe Hindemiths.

Mit Tschaikowskys „Pathétique“ war Chailly dann in seinem dramatischen Element und zeichnete ein packendes Seelengemälde im schmelzenden Orchesterklangbild (herrliche Bläser!). Über die inneren Qualen und die sich aufbäumende Sehnsucht konnte der Walzer ebenso wenig hinwegtäuschen wie der trotzige Siegesmarsch. Chailly verhinderte routiniert durch Geste und schnellen Übergang, dass die trügerische Finalwirkung und tragische Fallhöhe zurück ins Resignative wie so oft durch Zwischenapplaus zugeschüttet wurde. Dafür am Schluss Standing Ovations, wie es inzwischen ja fast guter Usus geworden ist.