Essen. Zwei zum „Sir“ geadelte Künstler machen das Konzert des Königlichen Concertgebouw Orchestra zum Ereignis. Publikum feiert die Akteure im Stehen.

Zwei zum „Sir“ geadelte Künstler von Weltruf zusammen mit dem Königlichen Concertgebouw Orchestra in einem lupenreinen Brahms-Programm – das hätte wohl selbst den Komponisten glücklich gestimmt. Und so feierte denn auch das Publikum mit huldigendem Stehapplaus die Amsterdamer Eliteformation, die in dieser Saison mehrfach als Residenzorchester in der Philharmonie auftritt.

Am Pult: Sir John Eliot Gardiner, der drahtige Grandseigneur, dem man die knapp 80 Lebensjahre nicht anmerkt. Der Brite hat nicht nur als Bach-Exeget neue Maßstäbe gesetzt, sondern auch mit seinem Orchestre Révolutionnaire die historische Aufführungspraxis in Klassik und Romantik vorangetrieben. Nicht aus einseitigem Glaubensbekenntnis freilich, denn er schätzt gleichermaßen das moderne Instrumentarium, wie es ihm das phantastische Klangorgan des Concertgebouworkest in reichem Maße bietet (ein Genuss nicht nur die samtigen Hörner und üppig leuchtenden Holzbläser!).

Die Musik pulsiert, fließt und glüht unter seiner Stabführung

Die Musik pulsiert, fließt und glüht unter seiner Stabführung, die e-Moll-Sinfonie ist von Ausdruck und Schmelz ebenso erfüllt wie von subtiler Mikroformung bis in Brahmsens rhythmische Verschachtelungen und Fugato-Verdichtungen. Beispielhaft.

Zum weiteren musikalischen Ritterschlag holte Sir Stephen Hough als Solist des Klavierkonzertes Nr. 2 aus. Nicht im pianistischen Parforceritt genommen, sondern in kultiviert gezügelter Leidenschaft und Übersicht, austariert zwischen klar umrissenen Konturen, zärtlichem Narrativ und zupackender akkordischer Vollgriffigkeit. Chopin und Schumann waren da ganz nahe, das zugegebene „Warum?“ eine fast jenseitig schöne Perle.