Essen. In Essens Philharmonie geben sich Orchester und Dirigenten von Weltruf gerade die Klinke in die Hand. Nun sorgte Sir Antonio Pappano für Jubel.

Derzeit geben sich in der Essener Philharmonie die Orchester und Dirigenten von Weltruf die Klinke in die Hand. Nach Sir John Eliot Gardiner und dem Concertgebouworkest folgt ein italienisches Doppel. Das Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia Roma unter seinem Chef Sir Antonio Pappano kam nicht etwa mit Respighis römischem Triptychon, sondern hatte Arnold Schönberg und Anton Bruckner im Gepäck.

Zwei Österreicher also, zwischen denen sich auch noch Wagner als Strippenzieher posthum erkennen ließ. Der fromme Mann aus St. Florian widmete das Adagio seiner Siebten „sehr feierlich“ dem vergötterten Bayreuther Meister, als er von dessen Tod erfuhr – ein Satz, der länger ist als die gesamte Kammersinfonie op. 9, mit der sich Schönberg aus dem übergroßen Schatten der Spätromantik zu lösen begann.

Die Musiker verströmen Leidenschaft, Innigkeit und menschliche Wärme

Pappano gelang hier mit seinen Römern eine schwierige Gratwanderung. Die 15 bläserbetonten Soloinstrumente anstelle eines Riesenorchesters lieferten sich trotz aller Transparenz und Trennschärfe kein kopfbetontes Musizieren, sondern verströmten Leidenschaft, Innigkeit, menschliche Wärme. Gerade das, was auch die 70-minütige, groß besetzte Bruckner-Sinfonie bei aller „kathedralenhaften“ architektonischen Monumentalität ausmacht. Die Italiener tauchten sie in schmelzenden Wohllaut, in ein imposantes, bis ins dreifache Forte gerundetes Klangbild.

Pappano weiß die fiebrigen Aufschwünge, die machtvollen Oktavsäulen und Klangquader ohne aufgedrücktes Weihrauchschwenken mit der geistlichen Choralsphäre Bruckners zu versöhnen. Da erhob sich aus dem Streicher-Urnebel das Hauptthema wie eine Himmelsleiter und führte auf verschlungenen Pfaden in den Trauermarsch, den die samtweichen Wagner-Tuben ins Paradiesische weiteten: Gänsehautmomente am laufenden Band. Und so gab’s am Schluss Standing Ovations für ein fantastisches Orchester und eine Wiedergabe von Prägekraft.