Dortmund. In der Sowjetunion stand Sofia Gubaidulina auf einer Schwarzen Liste. Dortmunds Konzerthaus widmet der Komponistin nun ein „Zeitinsel“-Festival.

Sie wird als neugierig, gütig, offen und engagiert beschrieben. Dabei hat sie Unfreiheit und staatliche Repression erlebt. In der Sowjetunion landete der Name von Sofia Gubaidulina 1979 auf einer „Schwarzen Liste“ für besonders unliebsame Komponisten. Ihre Musik wurde als westlich-dekadent verbannt, ihr erster Sinfonie-Versuch von einer Prüfungskommission als „Irrweg“ kritisiert.

Das mutet heute lachhaft an, denn kaum eine andere findet mit zeitgenössischer Musik einen so direkten Zugang zum Publikum – auch nicht unter ihren männlichen Kollegen. Es gibt diesen sehr persönlichen Ton in ihren Werken, einen intensiven und sinnlichen Ausdruckswillen. Hinzu kommt eine spirituelle Dimension, denn die Komponistin ist russisch-orthodox und tief gläubig. Dass sie sich selbst treu blieb, verdankt sich auch der Unterstützung von Dmitri Schostakowitsch, dessen Schaffen sie stark geprägt hat.

Konzerthaus Dortmund: Kammermusikstücke und Schlüsselwerke

Das Konzerthaus Dortmund ehrt die Komponistin jetzt mit einem „Zeitinsel“-Festival. In enger Absprache mit der nunmehr 91-Jährigen, die seit 20 Jahren unweit von Hamburg lebt, werden vom 2. bis 5. Februar etliche Kammermusikstücke, aber auch Schlüsselwerke wie der „Sonnengesang“ (4. 2.), „Der Zorn Gottes“ und das Konzert für Viola und Orchester erklingen (jeweils am 5. 2.).

Die Interpretenriege ist erlesen: der Bratschist Antoine Tamestit und der Cellist Narek Hakhnazaryan konnten gewonnen werden, ebenso das ORF Radio-Symphonieorchester Wien, das WDR Sinfonieorchester, das Chorwerk Ruhr, das Porter Percussion Duo sowie die mit Gubaidulina eng befreundete Elsbeth Moser, eine Virtuosin auf dem „Bajan“ genannten Knopfakkordeon aus Osteuropa.

Instrumente aus Sofia Gubaidulinas privater Sammlung

Zum Salongespräch kann Intendant Raphael von Hoensbroech die Komponistin leider nicht persönlich empfangen. Er wird sich öffentlich mit ihrem Ensemblekollegen Alexander Suslin und dem Musikverleger Hans-Ulrich Duffek über ihre großen Lebensthemen unterhalten. Exklusiv zeigt das Konzerthaus zudem Instrumente ihrer privaten Sammlung.

Dass Gubaidulina sich nie irgendwelchen Ideologien und Neue-Musik-Moden verschrieben hat, unterstreicht auch ihr „Märchenpoem“, das zum Auftakt (2. Februar) in der moderierten Konzertreihe „Happy Hour – Klassik um Sieben“ erklingt. Rätselhaft schön ist diese Tondichtung, inspiriert von einer Geschichte des Kinderbuchautors Miloš Macourek. Für Gubaidulina ist die Musik eine Gegenwelt, „die bedeutendste Form des Widerstands der Menschheit gegen den geistigen Verfall.“