Für seine intelligent zusammengestellten Programme ist Thomas Hengelbrock bekannt. So trafen sich jetzt in der Philharmonie Gustav Mahler und Sofia Gubaidulina quasi in religiöser Sphäre. Dabei sind streng genommen weder die 4. Sinfonie mit dem Schlusssatz „Das himmlische Leben“ noch das „Offertorium“ benannte Violinkonzert der Russin geistliche Werke.
Als historische Gabe griff Gubaidulina auf das königliche Thema von Bachs „Musikalischem Opfer“ zurück. Doch von der Zahlensymbolik und rationalen Struktur ihrer Komposition musste man nichts wissen, um sich von der sinnlichen Musik und ihrer subtilen Klanglichkeit (einschließlich Celesta und Glockenspiel) fesseln zu lassen. Zumal sich mit Patricia Kopatchinskaja eine herausragende, barfüßig den Bodenkontakt haltende Geigerin des Soloparts annahm, die dank stupender Technik alle Ausdrucksfacetten suggestiv über die Rampe brachte: den bis zum Bersten gespannten Aufschrei, das klagende Lamento, den jenseitig schönen Spitzentanz. Der Jubel der Zuhörer war groß.
Auch nach Mahlers Vierter, der kürzesten und leisesten seiner Sinfonien. Trotz der vorgeschriebenen gemächlichen Tempi inspirierte Hengelbrock das NDR-Sinfonieorchester zu straffem, kristallinem Musizieren, aus dem sich immer wieder exquisite Bläsersoli (Horn!) herauslösten und Christina Landshamer die „himmlischen Freuden“ mit kammermusikalisch feinem Sopran veredelte.