Essen. Neu im Kino: Im Filmdrama „Passagiere der Nacht“ geht es um flüchtige Begegnungen und ihre Impulse. Eine sanfte, melancholische Geschichte.
Passagiere der Nacht sind beide: die Ausreißerin Talulah, die auf die schiefe Bahn geraten ist, und Elisabeth, um die 50, Mutter zweier Kinder im Teenageralter, die im Radio schlaflose Seelen bis zum Morgen begleitet. Als sie einander zufällig begegnen, entsteht eine Bindung. Doch diese kann und darf nicht von Dauer sein.
Ein feines Netz aus Beziehungsfäden spinnt Mikhaël Hers im französischen Filmdrama „Passagiere der Nacht“. Resultat ist eine melancholische Geschichte, die mit aller Ruhe der Welt von flüchtigen Begegnungen und ihren Impulsen erzählt – aber auch vom Abschied, vom Loslassen.
Die Geschichte beginnt an einem dunklen Bahnhof in Paris
Es beginnt am 10. Mai 1981 an einem dunklen Bahnhof in Paris. Eine junge Frau studiert ziellos den Stadtplan. Leuchtende Punkte geben mögliche Routen vor. Etwa zeitgleich geht Vanda Dorval auf Sendung. Sie moderiert die nächtliche Radio-Talkshow „Les passagers de la nuit“. Und dann sehen wir noch Elisabeth mit ihrer Familie im Auto – mitten im Jubel über die gewonnene Wahl François Mitterrands. Halb Paris scheint unterwegs zu sein.
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Ein paar Jahre später werden sich die Lebenswege kreuzen. 1984 ist Elisabeths Ehe geschieden, sie ist am Boden zerstört. Bei Vanda Dorval (Emmanelle Béart) findet sie einen Job; sie nimmt die nächtlichen Telefonanrufe der Hörer entgegen. Im Senders begegnet sie der 18-jährigen Talulah, die obdachlos ist und drogensüchtig. Auch sie weiß nicht, wie es weitergehen soll. Elisabeth lässt sie bei sich wohnen. Neue Perspektiven eröffnen sich.
Eine Paraderolle für Charlotte Gainsbourg
Charlotte Gainsbourg ist Elisabeth, wieder eine Paraderolle für die gut beschäftigte Schauspielerin mit ihrem Faible für zarte, zerbrechliche, verschlungene Charaktere. Ihrem fast elegischen Spiel steht Noée Abita als Streunerin Talulah gegenüber, der alles egal zu sein scheint. Über ihre Vergangenheit mag sie nicht sprechen.
Aber Mikhaël Hers berichtet auch von anderen Leben im Umbruch. Da ist Elisabeths Sohn Matthias (Quito Rayon Richter), der in der Schule tagträumt, Schriftsteller werden will – und sich unsterblich in Talulah verliebt. Doch dann ist die junge Frau plötzlich verschwunden.
Ganz sanft kommt das alles daher, untermalt von französischer Popmusik und stilvoll begleitet von teils authentischen Kamera-Streifzügen durch das Paris der 80er-Jahre. Allein der Ausblick aus Elisabeths Hochhauswohnung ist spektakulär, ein behüteter Hort über den Dächern, in dem auch Talulah vorübergehend Schutz findet.
Am Ende der zwei Kinostunden werden neue Wege beschritten, steht die Erkenntnis, dass die Zeit alle Wunden heilt und dass das bleibt, was wir für andere waren. Das ist zwar nicht neu, aber immer wieder schön zu erleben.