Dortmund. „Inside Scofield“ kommt ganz nah an den Jazzgitarristen John Scofield heran. Hervorragend ist der Film aber aus einem anderen Grund.
Schon lange bevor der Film das Sprechen lernte, war die Musik mit der großen Leinwand verbandelt. Musik für Filme. Filme über Musik. Zwei Kunstformen, sich stets sehr nah, selten eine Einheit. Nicht so bei „Inside Scofield“ des deutschen Filmemachers Joerg Steineck. Die Dokumentation ist nicht bloß deswegen so nah an der Musik, weil ihr Thema die Gitarrenlegende John Scofield ist. Sondern weil Steineck den grundlegenden Charakterzüge des Jazz genau so filmisch huldigt, wie es John Scofield musikalisch auf der Bühne tut.
Steineck lässt den Film atmen, Scofield die Musik
Blickt man bloß auf das Konzept, ist „Inside Scofield“ ein Porträt, wie es hunderte über Musiker gibt: Steineck begleitet Scofield und sein Quartett „Combo 66“ auf Tour, besucht ihn Zuhause, lässt sich einige Weisheiten aus Jahrzehnten des Musikerlebens berichten. Scofield gibt in der Produktion sogar selbst den Erzähler. Das macht er gut, viel Weisheit und Leben in seiner Stimme. Doch: Sich das Werk reinzupfeifen, wie man es am Samstagabend auf der Couch gerne tut, wäre ein Fehler. Denn Joerg Steineck hält sich an seinen eigenen Rat im Vorspann, beziehungsweise an den von Miles Davis. „Spiel’ das, was nicht da ist.“
Steineck hat verstanden. Wie Scofield in seinen Soli lässt er den Film atmen, mit langen Einstellungen vom Stativ gefilmt, sogar mit Standbildern hin und wieder. John Scofields hervorragende „Combo 66“ – Gerald Clayton, Vicente Archer, Bill Stewart – spielt, Joerg Steineck lässt sie spielen. Lange und immer wieder. Wenn Scofield erzählt, am Flughafen, im Auto, zu Hause, ist das ein eigener Sound, weil Steineck mit seiner Bildkomposition die Begleitung spielt.
Ein würdiges Denkmal für John Scofield
Ein Film über Musik, voller Musik, aber trotzdem ganz leise. Wer den bescheidenen Mann mit der Gitarre so reden hört, mag kaum glauben, dass derselbe Scofield mit Miles Davis, Pat Metheny, Herbie Hancock und so vielen mehr unterwegs war, die den Jazz des 20. Jahrhunderts prägten – und quasi nebenbei seinen ikonischen Gitarrensound schuf.
Wer ihn aber spielen hört, mag sich fragen, warum es vor Joerg Steineck kein Filmemacher geschafft hat, John Scofield das berührende Denkmal zu bauen, das er verdient.
>> HIER GIBT ES „INSIDE SCOFIELD“ ZU SEHEN
- „Inside Scofield“ gibt es ab sofort auf der Videoplattformvimeo.com zu sehen. Eine einwöchige Leihe kostet 9,02 Euro, für 14,04 Euro kann der Film digital gekauft werden.
- Die DVD gibt es auf der Webseite des Films, scofilm.com, zu kaufen.
- Im kommenden Jahr soll der Film auch bei anderen Videodiensten angeboten werden.