Essen. Das neue Album von Billy Strings ist eine Herzensangelegenheit des US-Bluegrass-Stars: „Me/And/Dad“ hat er mit seinem Stiefvater eingespielt.
Die Frühvita des William Apostol ließ fürwahr nicht hoffen, dass aus ihm mal ein Musikstar werden würde, der, inzwischen unter dem Künstlernamen Billy Strings, sogar schon den ersten Grammy nach Hause tragen durfte: Als Billy zwei Jahre alt war, starb sein leiblicher Vater an Heroin. Seine Mutter heiratete danach den Bluegrass-Musiker Terry Barber aus der Nachbarschaft. Doch auch in dieser familiären Konstellation gab es erhebliche Drogenprobleme, so dass Klein-Billy schon mit 13 das Weite suchte, aber dann auch selbst schwer mit Drogen zu kämpfen hatte.
Alles lange her. Billy Strings ist inzwischen 30, hochdekoriert, sein Gitarrenspiel und Gesang versetzen die Countrygemeinde seit ein paar Jahren in Begeisterung. Und die Zeit scheint persönliche Wunden geheilt zu haben. Strings macht jedenfalls einen Haken hinter einem wichtigen Punkt seiner Lebens-to-do-Liste: Er nahm mit „Me/And/Dad“ (Rounder-Concord/Universal) endlich mal eine Scheibe mit seinem Stiefvater auf, von dem er als Kind so viel gelernt hatte.
Wer ein Herz hat für exzellent dargebotene Bluegrass-Klassiker, der dürfte an den 14 enthaltenen Songs und an der angenehmen Jam-Atmosphäre dieser Produktion seine Freude haben.
Strings hat diesmal nicht seine Stammbegleiter mit an Bord, sondern einige Recken aus der Nashville-Szene dazu gebeten, beispielsweise den großartigen Dobro-Virtuose Jerry Douglas, den man unter anderem als treuen Sideman von Bluegrass-Königin Alison Krauss kennt und schätzt. Diese Jungs wissen jedenfalls, wie Fiddle, Mandoline und Co. zu bedienen sind, und sie machen das bei diesen Aufnahmen so lässig wie exquisit.
Unterschiedliche Timbres
Stilistisch ist das irgendwo zwischen Uptempo-Bluegrass, fröhlich trabendem Countrysound und dreivierteltaktigen Kostproben angesiedelt – zwar wenig überraschend, aber eben auch sehr gekonnt präsentiert.
Spannend ist, den unterschiedlichen Timbres von Stiefvater und Sohnemann zu lauschen. Senior Terry Barber hat eine reichlich geschmirgelte Kehle, aber mit jeder Silbe, jedem brüchigen Ton, der sie verlässt, weht gelebtes Leben aus den Boxen. Jungspund Strings dagegen glänzt mit kraftvollem jugendfrischem Vortrag, und wenn die beiden zusammen schmettern, ist das schon ein Vergnügen zuzuhören.
Dazu kommt das dann und wann eingefangene Geplauder vorweg, gut gelaunt, entspannt, eine Session eben. Am Ende, bei „Heard My Mother Weeping“ gesellt sich auch noch Mama Debra Apostol als Sängerin dazu. Ein bisschen schief zwar, ehrlich gesagt, aber wenn man dem Ganzen unter dem Etikett „Familienzusammenführung“ lauscht, ist das durchaus charmant und anrührend.