Essen. Esbjörn Svenssons einziges Piano-Soloalbum erscheint jetzt, 14 Jahre nach dem Unfalltod des Pianisten. So klingt das Album „HOME.S“.

Nicht weniger als eine „Sensation“ sei es, erklärt die Plattenfirma ACT, dass „HOME.S“ nun erscheint. 14 Jahre nach dem tragischen Unfalltod des schwedischen Jazzpianisten Esbjörn Svensson beschenkt der die Welt posthum mit seinem einzigen Solo-Pianoalbum. Die Stücke hat seine Witwe Eva auf einer Festplatte des Musikers gefunden und nach langen Jahren der Trauer nun veröffentlicht. „HOME.S“ ist ein berührendes Stück Musik, mit einer Hommage an eine Legende.

Startet Svensson auf „Alpha“ noch mit der, dem skandinavischen Jazz so eigenen, impressionistischen, liebevoll-kühlen Distanz, wird schnell hörbar, welcher Geist durch den Klavierkeller des Musikers wehte, als er die Stücke einspielte. Aus freien, dissonant-chaotischen Passagen brechen urplötzlich simple, beinahe Volksmusikmelodien hervor. Mit Rechts zaubert Esbjörn Svensson bluesig angehauchte Gospelphrasen, links hämmert der immergleiche Basston das Fundament zurecht. Der Vergleich liegt auf der Hand: Keith Jarretts legendäres Köln Concert.

Esbjörn Svenssons „HOME.S“: Keith Jarrett und barocke Kantaten

Wie Jarrett flüstert Svensson zurückhaltend durch sein Klavier, nur um dann in strahlendes Dur zu rutschen. Auf „Eta“ leiht sich der Pianist sogar einige Phrasen von Keith Jarrett, aber es fühlt sich nicht an wie abkupfern, sonder wie eine Hommage an das größte Piano-Solokonzert bis heute. Laut Plattenfirma ACT sei nicht klar, ob Esbjörn Svensson die neun Stücke komponiert oder improvisiert hat – doch es spricht einiges für eine Improvisation.

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Vor allem dann, wenn er nicht spielt. Besonder gut zu hören ist das auf „Gamma“, in den Pausen zwischen den Blockakkorden ist der Entstehungsprozess in Svenssons Kopf fast greifbar, wenn er dann die nächste Harmonie in die Tasten haucht und den Akkord schweben lässt, teilen Künstler und Hörer die Befriedigung. HOME.S hat aber noch eine zweite wichtige Facette: Hin und wieder rutscht Svensson in die klassische Musik, dann klingen seine potenziellen Improvisationen wie Kantaten (Epsilon), wie ein Kunstlied mit Generalbass (Zeta) oder dem Barock entrückt, inklusive Bachzitaten (Theta).

Es bleibt festzuhalten: „HOME.S“ ist ein hervorragendes Piano-Soloalbum, nicht, weil Esbjörn Svensson tot ist und Anstand und Nostalgie den Hörer zum Gutfinden zwingen. Sondern weil der Schwede sich mit aller Leidenschaft für Musik und Leben in sein Werk geworfen hat – wie Keith Jarrett damals in Köln.