Dortmund. Martin Stadtfeld ist einer, der mit dem Klavier spielt: Im Dortmunder Konzerthaus präsentierte er nun eigene Bearbeitungen bekannter Volkslieder.

Es klingt wie eine Anekdote, dass jemand sich in einem Konzertsaal an einen Flügel setzt und „Im Märzen der Bauer“ spielt. Aber genau das tat jetzt Martin Stadtfeld, der in Dortmund eigene Bearbeitungen bekannter Volkslieder aufführte. Im Konzerthaus schickte er deren Melodien durch die Mühle seiner Repertoirekenntnis.

Viel Schubertähnliches kommt dabei heraus, Inniges im Stil der Brahms-Intermezzi, zuweilen auch ein wenig Tastendonner à la Franz Liszt. Die liebevoll arrangierten Petitessen stammen aus dem „Piano Songbook“, das der im Ruhrgebiet heimisch gewordene Künstler 2021 veröffentlichte: als „Befreiungsschlag gegen die erstarrten Konventionen der Klassik-Branche“, wie er in einem Interview sagte.

Herzklopfen mit Beethoven

Stadtfeld erscheint an diesem Abend weniger als Pianist denn als Klavierspieler, mit Betonung auf der zweiten Hälfte des Wortes. Er nähert sich dem Notenmaterial mit genialischer Unbefangenheit, jongliert fingerfertig damit herum, ohne diese Gabe zur Zirkusnummer zu machen. Seine Volkslied-Exkurse sind angenehm unaufdringlich, wahren den sanglichen Gestus. Bei Bach und Beethoven gerät Stadtfelds unorthodoxer Zugriff aber auch an Grenzen. Das hohe Tempo, in dem er durch Beethovens „Waldstein-Sonate“ fegt, macht Herzklopfen. Indessen wirkt ihre pianistische Brillanz bei ihm manchmal unausgewogen. Dann wird das lebensbejahende Leuchten dieser Musik unvermutet pastellfarben. Kontraste geraten scharf, wirken aber nicht immer kontrolliert.

Auf metronomische Strenge legt Stadtfeld weniger Wert

Bachs Englische Suite Nr. 3 (BWV 808) geht er beschwingt und passioniert an. Triller und Praller funkeln, die Sarabande erreicht Ernst und große Tiefe. Auf metronomische Strenge legt Stadtfeld weniger Wert. Die polyphone Umschlingung der Stimmen tritt nicht immer klar hervor; die linke Hand wirkt schwächer als die rechte. An Innerlichkeit mangelt es Stadtfeld aber nie: Es ist sein Ausdruckswille, der letztlich über Disparates triumphiert.