Gelsenkirchen. „Drei Männer im Schnee“: das Musiktheater im Revier Gelsenkirchen startet mit einer Revue in die Saison – und einer Überraschung auf der Bühne.

Punktlandung zur Spielzeiteröffnung: Nicht mit Verdi oder Wagner, sondern mit einem federleichten, charmant angestaubten Musical-Spaß startete das Gelsenkirchener Musiktheater im Revier schwungvoll in die neue Saison. Die alpine Revue-Operette „Drei Männer im Schnee“ nach dem Roman von Erich Kästner funktioniert als funkelndes Gute-Laune-Spektakel voller Ohrwürmer, die garantiert tagelang im Gehörgang bleiben. Das Premierenpublikum bejubelte einen prachtvoll ausgestatteten Wohlfühlabend mit Tiefgang.

In der Regie von Sandra Wissmann trifft leichtfüßige Komödienklamotte auf ironische Sozialkritik und, zumindest schlaglichtartig, auf dräuendes Unheil. Denn Kästners Roman spielt zum Jahreswechsel 1932/33 und die überbordende Feierlaune beim Silvesterball (mit drei als Nazis kostümierten Gästen) ist auch der bekannte Tanz auf dem Vulkan. Die Geschichte, in der sich ein Millionär in einem Luxushotel als armer Schlucker ausgibt und mit dem tatsächlich bettelarmen Fritz Hagedorn verwechselt wird, erzählt auch vom scheinheiligen Umgang der Gesellschaft mit Arm und Reich.

Thomas Pigor hat die Revue nach Erich Kästners Roman geschrieben – zweite Aufführung

Mit dem Gelsenkirchener Opernhaus bringt wundersamerweise erst ein zweites Theater die 2019 in München uraufgeführte Revue des Kabarettisten und Librettisten Thomas Pigor auf die Bühne. Die musikalisch vergnügliche Retro-Melange aus 30er-Jahre-Operettensound, Ufa-Anklängen, Swing, Jazz, Wiener Schmäh und Schlager-Schnulzen lässt das 40-köpfige Orchester unter der Leitung von Peter Kattermann aus dem Graben leuchten und glänzen.

Diese Show lebt von neuer Musik in altem Gewand, aber auch von einer großartigen Ensembleleistung. Grandios der Stepptanz auf Skiern zum Song „Skifahr’n im Schnee“. Aus eigenen Reihen stellt das Musiktheater ein wahres Figurenkabinett auf die Bretter. Allen voran das spielerisch auftrumpfende Titel-Trio: Joachim G. Maaß als entspannter Fabrikant, Mark Weigel als schrulliger, schwuler Diener Kesselhuth und Sebastian Schiller als Fritz Hagedorn. Anke Sieloff ist ein Hingucker als mannstolle Frau Calabré, Christa Platzer als strenge und schwer verliebte Hausdame Kunkel und Bele Kumberger als selbstbewusste Fabrikantentochter. Und dann singt, spielt und tänzelt tatsächlich auch noch der Generalintendant mit: Michael Schulz mit Talent zur Komik in der Rolle des überforderten Hoteldirektors. Gesangsstark ihm zur Seite Portier Polter (Philipp Kranjc).

Ob romantische Weihnachtsfeier, Silvesterball im Grandhotel oder Gondelfahrt durch die Bergwelt: Mit multifunktionalen Versatzstücken und einer Drehbühne (Britta Tönne) entstehen immer neue, bunte Szenarien, dazu die den Dreißigern entlehnten Kostüme von Beata Kornatowska.

Ein Gassenhauer zum fröhlichen Mitklatschen beendet den Abend: „Fragen wir doch einfach mal den Wolkenstein, was die Zukunft bringt.“ Der Revue sicherlich einen beachtlichen Erfolg.