Köln. Die vielen weiblichen Fans im Kölner Tanzbrunnen konnten von Paul Anka gar nicht genug bekommen. Ein Konzert mit Dahinschmelz-Garantie.

Um 21.56 Uhr ist es vorbei. Wirklich, wirklich, vorbei. Aber die Leute haben immer noch nicht genug. Entweder bleiben sie einfach sitzen, wie im Kino, nach dem Abspann. Oder bestürmen die, die auf der Bühne dabei sind, ihre Sachen zusammenzupacken: „Habt ihr noch eine Setliste da?“ Weil man dann etwas hätte, um es einrahmen und an die Wand hängen zu können. Zur Erinnerung an das absolut großartige Konzert von Paul Anka und seiner Band Freitagabend am Tanzbrunnen in Köln.

Paul Anka bringt die Security mächtig ins Schwitzen

80 Jahre ist der Kanadier inzwischen alt. Wobei alt das absolut falsche Wort ist, um den dynamischen Entertainer zu beschreiben, der gute 90 Minuten zuvor federnden Schrittes Einzug hielt. Von links quer übers Kopfsteinpflaster, unter den Tanzbrunnentulpen hindurch, mittenmang durch die Sitzreihen. Schon hier gerät die Security mächtig ins Schwitzen. Das wird sich, im Laufe des Abends, noch beträchtlich steigern.

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Wenn sie ihn herzen und küssen wollen, die großgewachsenen Grazien mit den hautengen Etuikleidern und den hochhackigen Schuhen. Mit Bergen von roten Rosen, jede einzeln in Cellophan verpackt, beschenken. Mit ihm tanzen, ihn umarmen, ihm ins Ohr wispern: „Lay your Head on my shoulder…“.

„Diana“ machte den inzwischen 80-jährigen Entertainer einst zum Teenageridol

Das geht seit 1957 so. Auch wenn junge Frauen und Mädchen damals kleiner waren. „Diana“ machte Anka zum Teenager-Idol. Es spricht für sein Selbstvertrauen, dass er diesen Song, den er aus Liebeskummer mit 15 schrieb und der zu den Top-Singles weltweit gehört, gleich zum Auftakt bringt. Statt ihn sich fürs Ende aufzusparen.

Charmant wie eh und je: Paul Anka. Seit 60 Jahren ist er im Geschäft.
Charmant wie eh und je: Paul Anka. Seit 60 Jahren ist er im Geschäft. © Hyou Vielz | Hyou Vielz

Er kann sich das leisten. In über 60 Jahren hat er nicht nur für sich komponiert und getextet, sondern auch für Buddy Holly, Tom Jones oder Frank Sinatra. Er empfahl die Beatles, entdeckte Michael Bublé, war mit Fats Domino und den Everly Brothers befreundet und hat keine Berührungsängste, was musikalische Genres betrifft.

„Heute Abend werde ich Songs singen, die ich als Junge geschrieben habe, Songs für meine Freunde und für mein neues Album, Songs von Sinatra“, gibt er die Richtung vor. Um mit seiner kein Stück verblichenen, noch immer immens strahlenden und bei Bedarf auch sahnig-schmelzenden Stimme, eigene Hits wie „You are my destiny“ neben Sinatra-Evergreens wie „Strangers in the Night“ („Eins meiner liebsten Stücke von ihm“) oder den Tom Jones-Kracher „She’s a lady“ zu stellen.

Für ein Duett erscheint Schlagersänger Peter Kraus auf der Bühne

Dass dann beim „Lonely Boy“ Peter Kraus zum Duettsingen auf der Bühne auftaucht, ist ein besonderes Schmankerl. Damals, in den 1950ern, trat Kraus’ an, um als deutscher Paul Anka-Verschnitt Mädchenherzen höher schlagen zu lassen. Aber anders als das Original war er nur ein Sänger. Kein Musiker. Man kennt sich. Man mag sich. „You look so young“, beteuern sich der 80-Jährige und der drei Jahre Ältere gegenseitig. Stimmt. In beiden Fällen.

Auch „Purple Rain“ von Prince oder „Smells Like Teen Spirit“ von Nirvana stehen auf der Setliste – von Anka und seinen formidablen Musikern im Geist des Swings vollkommen umgedichtet. Die alten Anka-Hits kommen viel dynamischer, akzentuierter und kräftiger daher als im Original. Sahneschmelz, siehe oben, gibt’s nur, wenn’s ohne nicht geht. Wie bei „Crazy Love“ von Bublé, mit Anka am Flügel.

Erinnerungen an Gisela und Monika, „zwei Mädchen aus Germany“

Der, Stichwort Selbstbewusstsein, sogar Gisela und Monika nicht verleugnet, „Zwei Mädchen aus Germany“, die er 1964, in der Sprache der Teutonen besang: „Weißwürscht Knödel Sauerkraut. Und drei Liter Bier. Gisela vom Bayernland. Schwärmt so sehr dafür.“ Ein Text, der das Zeug dazu hat, sogar den Cowboy-Mann, den eine junge Dänin sich zwei Jahre früher herbei jodeln wollte, vom Pferd zu werfen. Dann lieber doch „My Way“, von Anka für Sinatra umgetextet, und,„New York, New York“, fast schon der furiose Schluss.

Aber einmal, einmal noch, kehrt er sicher zurück. Im nächsten Jahr, so verspricht er: „I’ll be back“. Ich werde zurück sein.“

Weiter vorne, am Künstlereingang, haben sich zwei der großgewachsenen Grazien bereits platziert. Die Stilettos in der Hand. Und an den Füßen Schlappen und Puschelpantoletten. Auch die Liebe kennt Schmerzgrenzen.

>>> Zur Person: Das ist Paul Anka <<<

Paul Albert Anka wird am 30. Juli 1941 in Ottawa (Kanada) geboren. Seine Eltern kommen aus dem Libanon. Als Junge singt er im Kirchenchor und lernt Klavier.

Mit 13 hat er eine eigene Vokalgruppe und nimmt ab da an Gesangswettbewerben teil. 1957 folgt der Durchbruch mit „Diana“. Schon früh schreibt er Songs für Künstler wie Buddy Holly und Connie Francis, Bei Shows in Las Vegas lernt er Frank Sinatra kennen, für den er 1967 das Chanson „Comme d’ habitude“ von Claude Francois zu „My Way“ umtextet. Für Tom Jones schreibt er 1970 „She´s a lady“ (1970). Mit „Rock Swings“ beschreitet er 2005 neue Wege, indem er Stücke von Nirwana, Billy Idol oder The Cure auf seine Art interpretiert.

In mehr als 60 Jahren hat Anka 28 Studioalben und 90 Singles veröffentlicht. Seine gesamten Tonträger verkauften sich weltweit über 100 Millionen Mal.