Köln. Alicia Keys an Synthies und Drum-Computern – das beschert der Kölner Arena einen Soundmatsch. Aber dann kommt die zweite Hälfte des Konzerts.
Mööp! Mööp! Biiip! Biiip! Biiip! Wusch! Kraa-, kraa-, kraawumm! Tec, tec, tec, kraa-kraa-krakatec! Bssssssss! Die Sample-Häckselmaschine läuft auf Hochtouren. Spacige Soundeffekte, schrille Scratches und bollernde Bässe.
Und mittendrin – Alicia Keys. Hoch über den Köpfen der Fans, auf einer ausfahrbaren Kanzel, produziert sich die 41-Jährige in der ausverkauften Kölner Arena als DJane.
Dabei hat sie mit E-Piano, Drum-Computer und Synthie sichtlich Spaß. Aber hat den auch das Publikum? Oder tut es nur so? Weil dieser Abend ja ein guter Abend werden soll? Und weil man es der hoch talentierten, göttlich singenden, virtuos Klavier spielenden, souverän Stücke schreibenden, wunderschön anzuschauenden Künstlerin nicht übel nehmen kann, dass sie nun neue Wege beschreitet? Indem sie, wie sie im Vorfeld ihres aktuellen Album „Keys“ verkündete, „eine gänzlich andere Klang-Erfahrung kreieren wollte.“
Zusammenarbeit mit Rapper und Produzent Mike Will Made-It
Was ihr in Zusammenarbeit mit Rapper und Produzent Mike Will Made-It unbestreitbar gelungen ist. Aber wenn sie im Obenauf-Modus zehn Stücke in rascher Folge ineinander übergehen lässt, um sie, in Schnipseln, wahlweise in der Originalversion oder der Sample-Variante zu präsentieren, hat das zwei ganz gravierende Nachteile. Erstens: es wirkt ausnehmend hektisch. Zweitens: ihre Stimme geht im loopigen Krawumm der Sample-Soundscapes gnadenlos unter.
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Weder die Ansagen noch die Texte der Songs kann man verstehen. Was auch schon in den ersten 30 Minuten der Fall war, den Keys auf der regulären Bühne bestritten hat. Weil die Bässe alles niederwalzen und der Hall so hallig ist, dass weder die Fähigkeiten ihrer Musiker zur Geltung kommen noch ihre Fähigkeiten als Sängerin. Fürs Klavier bleiben nur Stippvisiten im Stehen. Die Enttäuschung ist umso größer nach ihrem spektakulären Entrée.
In bester Bond-Manier mit kurvenreicher Silhouette
Da sah man, in bester Bond-Manier, erst nur Keys kurvenreiche Silhouette mit der Sanduhrtaille, um dann die ganze Pracht ihres strengen, hocherotischen schwarzen Outfits zu bestaunen. Eine Domina mit straff zurückgekämmten, zum festen, seitlichen Zopf geflochtenen Haaren, die offenbar das Diamanten-Depot von Tiffany geplündert hat, wobei sie so lieb und unschuldig dreinschaut wie ein Kind, das gerade ein Bonbon hat mitgehen lassen.
Der Jubel, den die „Kanzlerin“ entfacht, lässt hoffen, dass das Publikum ihre Darbietung doch, so oder so, goutiert hat. Und die, die die Arena da schon verlassen haben, sind selbst schuld. Haben sie doch den zweiten, ganz tollen Teil des knapp zweistündigen Abends verpasst. Schon während Alicia Keys, umringt von der Phalanx ihrer Bodyguards durch den Innenraum zurück zur Hauptbühne strebt, hat sich Großartiges angekündigt: „Empire State of Mind“. Und alle, alle singen die Hymne an den Big Apple mit.
„Girl on Fire“, „Superwoman“ und „Dead End Road“
Mit „Girl on Fire“, „Superwoman“ und „Dead End Road“ steigert sich Keys Stück für Stück. Um spätestens bei „Fallin’“, das samtigen Seelenschauer verbreitet, auch die Puristen zu bezaubern. Da ist sie, ihre soulige, delikate Stimme, die uns in Bann zieht wie keine andere. Pur. Mit Piano. Ach, Alicia, bleib bei ihr. Und bei deinen Tasten. Und wenn deine Band die ganze Zeit so spielt wie beim Intro zur Zugabe „You’ll never see me again“, dann darf die auch gerne bleiben. Mit „If I ain’t got you“ endet alles, wie es enden soll: im kollektiven Glückstaumel. Wer braucht da, zum Teufel, noch Konfetti?