Essen. Singer-Songwriter und Heiler in Personalunion: Chris de Burgh begeistert das Publikum in der ausverkauften Essener Lichtburg mit seinen Hits.

War das nun ein Konzert oder eine Therapiesitzung für angegriffene Seelen? Das Solokonzert von Chris de Burgh, das der irische Singer-Songwriter und Heiler in Personalunion in der ausverkauften Lichtburg präsentierte, vermittelte seinen treuen Fans Zuversicht in Zeiten in denen eine Pandemie noch immer nicht überwunden ist – auch wenn die wenigsten im Saal Masken trugen – und die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine noch nicht im Ansatz absehbar sind.

Wiederhören mit umjubelten Klassikern von „Sailing Away“ bis „Don´t Pay the Ferryman“

Da wirkt das Wiederhören umjubelter Klassiker wie „Sailing Away“, „Borderline“ oder „Don´t Pay the Ferryman“, die de Burgh mit leicht angeraut samtiger Stimme zum kontrastierend metallischen Gitarrensounds vorträgt, wie Balsam auf einer beanspruchten Seele.

Es brandet bereits Jubel auf, bevor der Troubadour überhaupt den ersten Ton singen kann. Nach „The Hands of Man“ und „Go Where Your Heart Belongs“ stimmt er „Missing You“ an und nimmt Bezug auf die Covid-Beschränkungen. Er habe als Musiker sein Publikum vermisst, und klar ist, dass das Publikum auch ihn vermisst hat. Dies ist der Schulterschluss, jetzt ist der Zeitpunkt, Gefühle zu offenbaren. Therapeut de Burgh wird gleichsam der Souffleur für Emotionen, die viele im Publikum teilen, und er ist auch der Heiler, der mit sanfter Stimme Lösungswege weist.

Der 73-jährige Chris de Burgh gilt noch immer als Frauenversteher

Sie liegen in Werten wie Vertrauen, Familienzugehörigkeit und natürlich immer wieder in der Liebe. Da werden sprachlich zwar viele Klischees wie aus dem Poesiealbum bemüht, doch letztlich zählt die Wirkung. Der 73-jährige Chris de Burgh gilt noch immer als Frauenversteher und träumt bei „Tender Hands“ von zärtlichen Händen, die ihn erotisch berühren. Aber auch er selbst legt musikalisch seinen Fans die Hände auf, was als wirkende Heilbehandlung unbestritten ist.

Eine erste Dame traut sich und zeigt ihre Dankbarkeit, indem sie dem verzückten Musiker eine Rose überreicht, später folgen weitere Fans mit Präsenten. Aber de Burgh ruht sich nicht auf seinen Meriten, bis 2015 hat er weltweit 45 Millionen Alben verkauft, aus, sondern präsentiert die Konzertpremiere zahlreicher neuer Songs von seinem jüngsten, 2021 veröffentlichten Album „The Legend of Robin Hood“. Doch die intonierten Geschichten um Robin Hood und seiner Maid Marian wie „Live Life, Live Well“, „Only a Child“ oder „The Tale of Robin Hood“ bieten nicht die gleichen Identifikationsmuster für das Publikum, und auch wenn das Klangbild typisch für de Burgh ist, wie seine persönlichen Songs.

Überwiegend weibliche Fans tauchen ein in das emotionale Wohlfühlbad

So sinkt der Stimmungspegel ein wenig, wenngleich das emotionale Wohlfühlbad, in das seine überwiegend weiblichen Fans mit Verzückung eintauchen, weiter wirkt. Den ersten Höhepunkt seelischer Befreiung markiert dann „Lady in Red“ und viele weibliche Fans stürmen vor die Bühne, um ganz nah am Star mitzusingen. Auch ein Sitznachbar grummelt ergriffen den Song in seinen Bart. „High on Emotion“ reflektiert dann die Stimmung im Saal zum Finale. Doch ohne zwei weitere Zugaben kann Chris de Burgh, sichtlich bewegt, die Bühne nicht verlassen. Der Therapeut kann mit seinem Wirken zufrieden sein.