Essen. Am Donnerstag startet „House of Gucci“ mit Riesen-Star-Aufgebot: Lady Gaga, Al Pacino, Jeremy Irons, Adam Driver, Jared Leto. Aber ohne Substanz.

Am Morgen des 27. März 1995 gönnt sich Maurizio Gucci einen Espresso im Café, dann fährt er mit dem Rad zu seinem Büro. Wenig später ist Maurizio tot, erschossen auf den Eingangsstufen seines Bürogebäudes. In seinem neuen Film „House of Gucci“ erzählt der englische Starregisseur Ridley Scott, wie es zu diesem Mord kam.

Die Geschichte führt zurück in die 70er-Jahre, als Maurizio Gucci, Enkel des Firmengründers Guccio, auf einer Party in Mailand auf Patricia Reggiani trifft und sich sofort in die burschikos selbstbewusste Tochter eines Spediteurs verliebt. Maurizios Vater Rodolfo lehnt die Liaison als nicht standesgemäß ab und wirft den Sohn aus der Firma.

Demontage des Patriarchats mit Al Pacino und Jared Leto

Bei Onkel Aldo hingegen, der Gucci von New York aus mit windigen Methoden auf dem US-Markt etablierte, findet Patricia einen geneigten Unterstützer. Schnell erkennt sie, was für die Marke Gucci mit ihr an der Spitze möglich sein kann. Konsequent beginnt sie, die Männer zu demontieren. Nur Maurizio erweist sich als harter Brocken. Er reicht sogar die Scheidung ein. Diese Schmach kann Patricia nicht ungesühnt lassen.

Lady Gaga als moderne Elizabeth Taylor

„Inspiriert von wahren Begebenheiten“ (Texttafel zu Beginn) kitzelt Ridley Scott die Lust des Publikums an der Sensation eines spektakulären Verbrechens und seiner Hintergründe. Er setzt dabei vor allem auf vordergründige Attraktionen und schaltet den inszenatorischen Verstand auf Sparflamme. „Gucci braucht neues Blut“, lässt er seine Hauptdarstellerin Lady Gaga raunen und erlaubt keinerlei Zweifel, wie sehr er diese hintertriebene Patricia verachtet, um sie zugleich dank der äußerlichen Ähnlichkeit zwischen Star und realem Vorbild als moderne Elizabeth Taylor auszustellen.

Lady Gaga, mit makelloser Haut dank Überdosis Make-up, ist immer noch keine Schauspielerin, sie versteht sich aber auf flammende Augen und effektvolles Posieren in hüftbetonenden Miniröcken und halsbrecherischen Absätzen. Und wie im Laufe der Filmhandlung immer mehr Haarfestiger ihre Frisuren verklebt, schleicht sich in den Winkeln ihres sinnlichen Mundes ein bösartiger Zug ein. Gier, so die Scott-Moral, entstellt eben auch die schönste Mörderin.

Kasperltheater der Klischees mit Adam Driver und Jeremy Irons

Um Lady Gaga herum explodiert derweil ein schieres Kasperletheater der italienischen Uomo-Klischees. Adam Driver ist der Dressman, Al Pacino der dauergeile Zinker-Onkel, Jeremy Irons der greise Don und Jared Letos Cousin Paolo stiehlt allen die Show als Familienkretin.

Alle spreizen sie ihre Eitelkeit, auch die schauspielerische, weil Direttore Scott das Ganze als Opera Buffa, als komische Oper begreift und den Disco-Soundtrack mit reichlich Rossini und Mozart interpunktiert. Am Ende hat keiner was er wollte – am wenigsten das Publikum, dem zweieinhalb Stunden lang schicke Politur mit wenig Substanz vorgesetzt wurde.