Essen. Regie-Star Ridley Scott beschwört in „The Last Duel“ die Welt des Mittelalters anhand der extrem blutrünstigen Auseinandersetzung zweier Männer.

Der Hass steigert sich in kleinen Schritten. Jean de Carrouges, jüngster Spross eines alten französischen Adelsgeschlechts, hat seinem König Karl VI. im Feldzug gedient und seinem Gutsherrn Pierre d’Alencon (Ben Affleck mit nonchalanter Schmierigkeit) Ehre gemacht. Der aber bevorzugt den lebensgewandten Jacques le Gris (Adam Driver mit Eleganz und doppelbödigem Charme) und überschüttet diesen mit Vergünstigungen, die eigentlich Carrouges (Matt Damon, schlecht gelaunt und von schlichtem Gemüt) zuständen. Der begehrt zwar immer wieder einmal auf, strengt sogar bei Hof eine Klage an, bleibt aber erfolglos, weil der König dem Anverwandten Pierre stets das Recht zuspricht. Als aber Carrouges erfährt, dass Jacques le Gris sich Zutritt zu seiner Burg verschaffte und an seiner Frau schadlos hielt, erzwingt er ein Duell.

Bevor es zur extrem blutrünstigen Auseinandersetzung zweier Männer kommt, deren Freundschaft in tödlichem Hass endet, folgt Ridley Scott in seiner jüngsten Regiearbeit „The Last Duel“ einer gewagten Drehbuchkonstruktion. Wie einst in Akira Kurosawas Filmklassiker „Rashomon“ wird die Vergewaltigung einer Frau zum Auslöser einer Erörterung des Wahrheitsbegriffes.

Darstellung des Geschehens aus mehreren Perspektiven

Das von Matt Damon, Ben Affleck und der Filmautorin Nicole Holofcener verfasste Drehbuch ermöglicht Regisseur Ridley Scott nun eine Darstellung des Geschehens aus mehreren Perspektiven.

So erleben wir zunächst die Wahrheit nach Carrouges, dann die von le Gris und schließlich den Blickwinkel der umkämpften Marguerite de Carrouges (schön und eher eigenschaftslos: Jodie Comer). Mit jeder Episode schreitet die Erzählung voran, gewinnt an Nuancen und mündet schließlich nach weit über zwei Stunden in das schmerzensreiche Duellfinale.

Klare Polarisierung in der Skizzierung der Figuren

Kameramann Dariusz Wolski beschwört kühle Blaugrautöne für die Außenaufnahmen und schummriges Orangebraun für die Innenaufnahmen. Dergestalt klare Polarisierung findet sich auch in der Skizzierung der Figuren und der Ausgestaltung durch die Schauspieler.

Ridley Scott lässt keinen Zweifel, wer als gut und wer zumindest als zwiespältig einzuschätzen ist. Vollständige Klarheit aber gibt es auch im letzten Bild nicht. Was herkömmliche Erwartungen verprellt. Die Männer müssen sehr lange warten, bis es endlich zu den Waffen geht, die bestialische Brutalität des Duells könnte manchen Zuschauer abstoßen. Ridley Scott pendelt mit diesem gedankenvollen Ritterfilm einmal mehr zwischen dem Radikalen und dem Geschmäcklerischen.