Rhein und Ruhr. Auch Klassik-Freunde lassen es gern krachen. Von Duisburg bis Dortmund gibt es dazu ein üppiges Konzertangebot. Eine Übersicht.

Es gibt so viel Ungewissheit dieser Tage, aber dass in vier Wochen ein neues Jahr anklopft, ist sicher. Weniger sicher: Kurz vor Schluss für die schönsten Klassik-Konzerte der Region Karten zu bekommen. So wagen wir den Ausblick auf das Angebot von Duisburg bis Dortmund – in der Hoffnung, dass die Konzertsäle zur Jahreswende nicht schweigen müssen… Eine Auswahl.

Und Dortmund tanzt

Erst mal gab es für Musical-Fans eine Klatsche statt saftiger Böller: Das Gastspiel der „Rocky Horror Show“ im Konzerthaus wurde abgesagt. Dortmunds Philharmoniker aber hielten bis Redaktionsschluss an ihrem Vorhaben fest, in trüben Zeiten die Füße nicht still zu halten: Tanz steht als großes Motto über den zwei Konzerten (15 sowie 19 Uhr, Karten ab 15 €) am Neujahrstag. Generalmusikdirektor Gabriel Feltz höchstselbst schwingt den Taktstock und gewinnt dem Thema eine Weltreise ab, die von den Slawischen Tänzen Dvořáks über Tschaikowskys „Dornröschen“ bis hin zu den rhythmisch aufgepeitschten Tänzen Spaniens und Lateinamerikas führt. Wenn Ihnen aber eher nach sündigen 20ern ist: Ein paar Fußminuten weiter gibt es im Opernhaus gleich zwei Silvester-Vorstellungen (15 oder 20 Uhr), Karten ab 18 €) der gefeierten Revue „Berlin skandalös“. Man muss ja darum nicht gleich einen zentralen Song der Inszenierung zum Jahresmotto 2022 machen: „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben?!“

Hoffnung aus Essen

Die Philharmonie Essen geht mit ihrem Angebot zur Jahreswende in die Vollen. Am Silvesterabend (18 Uhr) bittet ein Publikumsliebling der Klassik in den großen Saal an der Huyssenallee: Daniel Hope! Übersetzt heißt der Nachname Hoffnung, es lädt also das Mutmachen in Person ein. Hollywood ist das Thema des Stargeigers, der mit dem Rundfunkorchester des WDRs die großen Klangrollen der Filmgeschichte in den Partitur-Projektor legt: „Goldfinger“, „Der Pate“, „Moon River“. „Hope & Friends“ setzt auf die großen Komponisten wie Nino Rota, Cole Porter oder Miklós Rózsa. Leonard Bernsteins „West Side Story“ wird erklingen und das berühmte „As time goes by“ aus „Casablanca“. Lockere Side-Kicks sind übrigens sicher: Der charmante Swing-Sänger Tom Gaebel ist auch Gast des Abends. Karten ab 35 €. Perlend gegen jede Katerstimmung am 1. Januar, 18 Uhr: „Freunde, das Leben ist lebenswert“. Diegroße Operettengala (ab 19 €) der Essener Philharmoniker mit hochkarätigen Gesangssolisten, etwa Irina Simmes, die schon in Dortmund als Rösslwirtin vom Wolfgangsee glänzte. Die Dame lässt vom „Wiener Blut“ bis zu „Giuditta“ wenig Heißblütiges von der Donau aus. Das wird ein echter Muntermacher. Das benachbarte Aalto-Theater setzt auf Offenbachs „Blumenkohl“ (31.12.) und die Pop-Revue „Yesterdate“ (1.1.).

Aus dem Zoo auf den Notenständer

Wer flüchtig liest, könnte meinen, die Festkonzerte der Neuen Philharmonie Westfalen seien Folge einer durchzechten Nacht. „Auf zwei, vier und sechs Beinen“ geht’s ins neue Jahr! Doch meint das nicht etwa Koordinationsstörungen nach Doppelkorn-Konsum. Vielmehr geht es bei der Neujahrs-Tournee des Orchesters um Musik, die „Echt tierisch!“ ist. Brummende Hummeln und ein stolzer Schwan sind angekündigt, aber die Wiener (Vogel-)Strauß-Familie auch. Da tänzelt und schwebt es mit Nachtfalter-Walzer, der „Libelle“, den „Dorfschwalben aus Österreich“, der „Nachtigall-Polka“. Und, halten Sie sich fest, der Dirigent heißt Bello! Ist aber tatsächlich Zweibeiner, Aurélien mit Vornamen. Das Orchester setzt im Gelsenkirchener Opernhaus zu Silvester auch im Graben, bei„Orpheus in der Unterwelt“ und „Say it with Music“. Neujahrskonzerte am 1.1., 20 Uhr, und 10.1., 19.30 Uhr, im Musiktheater im Revier; am 2.1., 11 Uhr, im Bürgerhaus Süd und 4.1., 19.30 Uhr im Festspielhaus Recklinghausen.

Rund um die Sträuße

Schlauer Coup. Bochums neuer Generalmusikdirektor bietet aufs Ticket des berühmten Wiener Neujahrskonzerts einen sinfonischen Mehrwert. Denn wie die Walzer-Sträuße auch ganz andere Komponisten-Kaliber befeuerten, das wird „Straussiana – Ein Abend (nicht nur…) mit Johann Strauss“ uns hören lassen. Der neue, bislang heftig bejubelte Orchesterchef steht am Pult „seiner“ Symphoniker: Tung-Chieh Chuang wird neben k.u.k-Ohrwürmchen auch Schönberg und Korngold auf dem Notenpult liegen haben. Spannend und offenbar sehr attraktiv: Drei der vier Konzerte (ab 16 €) an Silvester und Neujahr sind bereits ausverkauft, nur für 11 Uhr am 1.1. sind noch 40 Karten da!

Kinoreifer Start ins Jahr

Wenn man sonst hauptsächlich die Hochkaräter aus Klassik und Romantik zum Klingen bringt, braucht man für einen Saitensprung ins leichtere Fach gute Argumente. Duisburgs Philharmoniker haben sie: „Große Kino-Epen wie ‚Der Herr der Ringe‘ oder ‚Avengers‘ wären nicht denkbar ohne den ‚Ring des Nibelungen‘. Auch ‚Superman‘ ist im Grunde ein cineastischer Wieder­gänger von Wagners ‚Siegfried‘, kündigt das Orchester sein Neujahrskonzert 2022 (ab 26€, 1.1., 18 Uhr) an. Und so wird der ehrenwerte Generalmusikdirektor Axel Kober mit den Philharmonikern den Mercator-Saal tatsächlich mit cineastischer Sinfonik fluten. Offenbar ein begehrtes Konzert.