Essen. Bei Tom Gaebel läuft alles rund: Neue Touren, neue Single und Weihnachten steht auch vor der Tür. Wie es das verbringt, verrät er im Interview.

Der Gang über eine glamouröse Showtreppe markiert für viele Stars den Höhepunkt der Karriere. Für Tom Gaebel begann alles damit – und zwar mit den leuchten Stufen zu Stefan Raabs TV-Total-Studio. Dort spielte sich Gaebel swingend in die Herzen der Zuschauer. Was vor über zehn Jahren als kleine Flamme begann, ist längst ein großes Feuer. Der 46-jährige Ibbenbürener swingt erfolgreich. Was er dennoch anders hätte machen wollen und wie das Weihnachtsfest im Hause Gabel aussieht, darüber sprach er mit Kirsten Gnoth.

Sie starten bald Ihre Weihnachtstour und machen dabei auch Halt in Ihrer Heimat Ibbenbüren. Wie fühlt sich die Rückkehr nach Hause an?

Tom Gaebel: Als ich die ersten Konzerte in der Heimat gegeben habe, war ich sehr aufgeregt. Eben weil viele von der Familie, Bekannte und Freunde gekommen sind. Es ist ein anderes Gefühl, vor solchen Menschen zu spielen. In Berlin oder Hamburg kenne ich in der Regel keinen aus dem Publikum. Mittlerweile freue ich mich aber auf Konzerte in der Heimat, weil es ein großes Fest ist. Die Menschen kommen immer wieder und feiern dann. Es ist, wie an Weihnachten nach Hause zu kommen – nur, dass wir mit der großen Ibbenbürener Familie feiern.

Bleiben Sie dann im Anschluss direkt in Ibbenbüren, um mit der Familie Weihnachten zu feiern?

Ja, dieses Jahr ist es perfekt. Das ist unser letztes Konzert vor Weihnachten am 23. Dezember. Ich bleibe dann einfach bei meiner Mutter. Es ist zwar nicht mehr so, dass meine Brüder und ich uns auf die riesigen Playmobil-Pakete freuen. Heute geht es uns viel mehr darum, uns zu unterhalten. Wir wollen die Zeit einfach gemeinsam verbringen und was Schönes essen. Die Atmosphäre ist aber genau wie früher… bis hin zum Geruch.

Gibt es Traditionen?

Meine Mutter stellt den Weihnachtsbaum auf und schmückt ihn noch so wie Anfang der 80er – natürlich mit echten Kerzen Wir warten dann in einem anderen Zimmer, bis sie mit dem Glöckchen klingelt und uns hereinbittet. Ich weiß noch, wie wir als Kinder dastanden und gewartet haben. Nun stehen wir – als mehr oder weniger schlanke Erwachsene – da.

Ihre Brüder sind ebenfalls musikalisch veranlagt. Mussten Sie an Weihnachten im Wohnzimmer Konzerte geben?

Jeder von uns hat im Grunde zwei Instrumente gelernt. Ich an der Geige, mein Bruder am Klavier, einer am Cello und einer an der Trompete – so standen wir da, haben Weihnachtslieder gespielt und meine Großeltern haben zugehört. Das war wahnsinnig peinlich. Und je mehr man in die Pubertät kam, desto peinlicher wurde das. Zum Glück haben wir das dann irgendwann eingestellt. Und nun gebe ich selbst so viele Weihnachtskonzerte, dass ich mich freue, nicht auch noch zu Hause singen zu müssen.

Wenn Sie sich von jemand anderem ein Weihnachtskonzert wünschen könnten – von wem wäre es?

Vermutlich Michael Bublé. Oder die Menschen, die schon alle tot sind: Frank Sinatra & Co. Ich mag diese etwas lockere und leichte amerikanische Weihnachtsmusik einfach. Deshalb machen wir das bei uns auf der Tour auch so. Bei uns geht es nicht besinnlich, sondern beswinglich zu.

Swing gehört für viele zur Weihnachtszeit dazu. Woran liegt das?

Das hat so den gewissen Glanz. Allein schon von den Instrumenten her. Wenn ich mir eine Big Band mit den ganzen Blechblasinstrumenten vorstelle – das funkelt ja schon wie ein Weihnachtsbaum. Außerdem hat Swing, also kein Hardcore Jazz, einen bestimmten Rhythmus, der dem Herzschlag ähnelt. Das vermittelt ein sehr angenehmes Gefühl. Als der Swing in den 40er- und 50er-Jahren sehr populär war, sind zudem viele Weihnachtslieder entstanden, die heute Klassiker sind.

Angefangen haben Sie nicht als Bandleader, sondern in der zweiten Reihe als Posaunist. Vermissen Sie es manchmal, „einer von vielen“ zu sein?

Ja, tatsächlich. Jetzt gerade übe ich wieder viel Posaune, auch weil ich bei Konzerten wieder selbst mehr spiele. Und beim Üben habe ich wirklich Lust bekommen, in einer Big Band einer von vier Posaunisten zu sein. Als „einer von vielen“ hat man auch nicht so eine große Verantwortung und es macht Spaß, einen Klang im Satz zu erarbeiten. Ich bin aber froh, dass ich mich den Schritt nach vorne an den Bühnenrand getraut habe. Ich singe gerne und spreche gerne mit dem Publikum – das geht aus der zweiten oder dritten Reihe deutlich weniger. Ich habe gehört, dass Woody Allen sich ab und an einen kleinen Jazz-Club sucht und da einfach Klarinette spielt. Vielleicht mache ich das auch: Ich suche mir eine Big Band und spiele einfach mit denen.

Ihren großen Durchbruch nach der Zeit als Posaunist hatten Sie mit einem Frank-Sinatra-Projekt. Woher kommt die Liebe zu Sinatra?

Die ist tatsächlich über die Posaune gekommen. Ich habe in dem Zusammenhang viel Big-Band-Musik gehört und so kam eins zum anderen. Ich habe dann auch viel mitgesungen und habe zum ersten Mal eine Tonart gefunden, bei der ich das wirklich konnte. Bei Queen oder den Beatles konnte ich das nicht, weil sie so hohe Stimmen hatten. Damals fand ich es schade, so eine tiefe Stimme zu haben. Ich hatte auch nicht damit gerechnet, so Sänger werden zu können. Ein Kollege aus der Posaunisten-WG hat mich unter der Dusche singen gehört und gesagt, ich solle doch nebenbei Gesangsunterricht nehmen.

Mit Erfolg.

Ich bin zwar kein Michael Bublé, denn sein Erfolg ist ja wahnsinnig. Aber ich kann genau das machen, was ich machen möchte. Ich darf auf der Bühne stehen – wenn alles gut geht – und lebe mein Leben als Sänger. Das ist ein großes Glück, für das ich sehr dankbar bin. Klar, da steckt viel Arbeit hinter und auch Talent – aber manchmal braucht man einfach nur Glück.

Seit 15 Jahren dürfen Sie das schon machen. Passend dazu gibt es, zwar mit etwas Verspätung, im kommenden Jahr eine Jubiläumstour. Die Setlist durften Fans mitbestimmen. Waren Sie von der Auswahl überrascht?

Es sind tatsächlich einige Songs von alten Platten aufgetaucht, die ich schon lange nicht mehr oder noch gar nicht live gespielt habe. Es ist faszinierend. Und wir haben versucht, vieles in die Show einzubauen. Natürlich konnten wir aber nicht alles nehmen.

Wenn Sie auf die vergangenen 15 Jahre zurückblicken, was empfinden Sie?

Große Freude. Aber manchmal hätte ich die Zeiten noch mehr genießen können. Gerade am Anfang meiner Karriere ist alles so schnell gegangen und ich konnte einige Dinge nicht richtig auskosten. Mittlerweile habe ich gelernt, mir solche tollen Momente bewusst zu machen und nicht erst zwei Jahre später zu denken: ‚Oh, das war damals aber toll.‘ Ich habe zum Beispiel in der Essener Philharmonie gespielt und vorab Plakate von mir in der Stadt gesehen – in dem Moment war mir nicht bewusst, dass damit ein Traum in Erfüllung gegangen ist.

Hätten Sie was anders machen wollen?

Das denke ich ständig, bei jedem Album oder Konzert (lacht). Grundsätzlich denke ich aber, dass ich noch fleißiger hätte sein können. Ich habe immer das Gefühl, dass bei mir alles so lange dauert. Ich wäre gerne schneller. Mit Mitte 20 habe ich angefangen zu singen, mit Anfang 30 kam die erste Platte – ich würde gerne schneller in die Puschen kommen. Aber meine Musik kann ich ja noch länger machen – wäre ich in einer Boyband, wäre das anders. Mit meiner Musik kann ich alt werden und sehe vielleicht selbst irgendwann aus wie der Weihnachtsmann auf der Bühne.

Es gibt auch eine neue Single von Ihnen. Ist „Auf die Eleganz“ ein Vorbote zum neuen Album?

So halb. Die Single ist außer der Reihe erschienen, aber ich arbeite auch ein bisschen an einem neuen Album. Allerdings komme ich gerade wieder nicht so richtig dazu. Im Frühjahr erscheint allerdings ein Live-Album – unser erstes. Im nächsten Jahr wird es aber auch ein neues Album geben. Dann vielleicht sogar auf Deutsch.

Die neue Single ist bereits auf Deutsch.

Ja, ich habe zuerst einen englischen Text geschrieben und den Song komponiert. Dann habe ich einen deutschen Text dazu angefangen, kam nicht weiter und habe William Wahl von Basta gebeten, es zu überarbeiten. Er ist ein fantastischer Musiker und es hat sofort perfekt gepasst. Es hat mich auch bestärkt, mehr auf Deutsch zu machen – mit einem so tollen Texter an der Hand.

War es befremdlich, in der Muttersprache zu singen?

Mittlerweile ist mir das immer mehr als Herz gewachsen. Die letzten Jahre habe ich immer mal wieder was auf Deutsch gemacht, mit den Fantastischen Vier zum Beispiel. Auf der „Best of“-Tour möchte ich auch ein paar Klassiker auf Deutsch singen. Es macht mir Spaß.

Eine Abschlussfrage noch: Bei der Jubiläumstour 2022 soll es eine Showtreppe geben. Haben Sie Tipps, wie man dort elegant runter gehen kann?

Meine erste Showtreppe hatte ich bei Stefan Raab und die war ziemlich groß. Es gibt natürlich nichts Peinlicheres, als solche eine Treppe runterzufallen. Also muss man es üben und das muss ich vor der Show nun auch wieder.

A Swinging Christmas: 4.12. Düsseldorf (18+22 Uhr, Savoy), 21.12 Köln (20 Uhr, Gloria), 30.12. Mönchengladbach (20 Uhr, Kaiser-Friedrich-Halle). Tickets ab ca. 35 €.

Jubiläumstour 2022: 20.10. Düsseldorf (20 Uhr, Tonhalle), 15.11. Dortmund (20 Uhr, Konzerthaus), 17.11. Köln (20 Uhr, Theater am Tanzbrunnen).
Tickets ab ca. 50 €.