Bochum. Nach turbulenten Jahren soll die Bochumer Bühne in ruhigem Fahrwasser gleiten. Die neuen Leiter Anne Rockenfeller und Hans Dreher haben viel vor.

Die beste Nachricht zuerst: Die ungemütlichen Holzkisten, auf denen die Zuschauer in den letzten drei Jahren im Foyer des Prinz-Regent-Theaters ausharren mussten, sind rausgeflogen. Überhaupt hat sich das ganze Vorderhaus nach einer Renovierung in den letzten Wochen von der quietschigen Ästhetik vergangener Tage weitgehend verabschiedet und wirkt jetzt ruhiger, aufgeräumter, auch etwas braver.

Unter Leitung von Hans Dreher (43) und Anne Rockenfeller (41) scheint eine neue Sachlichkeit im Prinz-Regent-Theater Einzug zu halten. Darauf weist auch das neue Logo hin, das in dezentem Braun gehalten ist. Nach den turbulenten Jahren unter der höchst erfolgreichen Leitung von Romy Schmidt, die nach einem heftigen Krach mit dem Trägerverein Ende der letzten Spielzeit die Segel strich, soll das PRT offenkundig wieder in ruhigem Fahrwasser gleiten.

Wie ist der Plan?

Ein Jahr lang wird Anne Rockenfeller, die zuvor am Schauspielhaus und im Kunstmuseum tätig war, das Haus geschäftsführend leiten. Erst zu Beginn der Spielzeit 2019/20 übernimmt ihr Ehemann Hans Dreher die Leitung, der bis dahin Chef des Theaters Rottstraße 5 bleibt. Im September 2019 wird er fest ans PRT wechseln, sein Vertrag läuft ab dann drei Jahre.

Während dieser Interims-Spielzeit besteht das Programm hauptsächlich aus Gastspielen. 8 bis 10 Vorstellungen pro Monat sind geplant. „Wir haben unsere Kontakte an freien Theatern in ganz NRW und darüber hinaus genutzt, um viele spannende Produktionen nach Bochum zu holen“, sagt Anne Rockenfeller. So solle das PRT wieder zum „Hafen für freies Theater“ werden: „Schon bei seiner Gründung 1991 war das Haus ein Hafen für mehrere Bochumer Gruppen“, so Hans Dreher. „Das wollen wir jetzt ausweiten, durchaus auch als ein Hafen für Experimentelles.“

Szene aus „Reise! Reiser“ mit
Szene aus „Reise! Reiser“ mit © Birgit Hupfeld

Was wird gespielt?

Eröffnet wird die Spielzeit am 2. und 6. Oktober mit „Reise! Reiser!“ nach dem Roman „Anton Reiser“ und mit Liedern von „Ton Steine Scherben“ und Rio Reiser. Die Produktion entstand 2011 in Frankfurt und gastierte seither u.a. am Thalia-Theater. Der Roman beschreibt den steten Versuch eines Außenseiters, sich in die bürgerliche Gesellschaft einzugliedern, als Zufluchtsort bleibt ihm nur die Kunst. Mit dabei sind Christoph Iacono und Sébastien Jacobi. Der Theatermusiker Iacono, der zuletzt in Hans Drehers Aneignung von „Der Tod in Venedig“ an der Rott-straße zu sehen war, soll als „Artist in Residence“ regelmäßig am PRT zu sehen sein.

Geplant sind außerdem das Gastspiel „Kleiner Mann, was nun?“ nach Hans Fallada vom Theater im Bauturm in Köln (13./14. Oktober) sowie mehrere Tanztheaterabende. Hans Dreher plant eine erste Eigenproduktion, von der bislang nur das Premierendatum bekannt ist: 1. Dezember.

Wer ist mit dabei?

Einige bekannte Gesichter werden weiterhin am PRT aktiv sein. So wird die Theaterpädagogin Clara Nielebock ihre Arbeit mit jungen Laien fortsetzen. Eine Kindertheaterproduktion von Martina van Boxen soll aus dem Schauspielhaus übernommen werden. Die Zusammenarbeit mit dem Studiengang Regie der Folkwang-Uni wird fortgesetzt – und Rolf Dennemann, freier Theatermacher der ersten Stunde, kehrt an seine alte Wirkungsstätte zurück.

Kommentar:

Gutes Gelingen!

Alles wieder gut am Prinz-Regent-Theater? Erleichtert mag man feststellen, dass nach dem großen Trauerspiel, das der Trägerverein und Ex-Direktrice Romy Schmidt im letzten Jahr ausgetragen haben, wieder etwas Gelassenheit und Optimismus den Theateralltag zu bestimmen scheinen. Dicke Luft war gestern. Das wird der Bühne gut tun, und den Mitarbeitern, die geblieben sind, sicher auch.

Mit einiger Spannung hingegen bleibt abzuwarten, ob es Hans Dreher gelingen wird, seiner Intendanz eigenes Profil und eigene Schärfe zu verleihen. Darauf angesprochen, flüchtet er sich bislang noch in Allgemeinplätze. Es gebe „viel zu tun, um klare Visionen zu entwickeln“, sagt er. Klar: Dreher ist erst nächstes Jahr im Amt.

Dennoch: Die Fußstapfen, die Schmidt nach drei Jahren hinterlassen hat, sind groß. Ihre Inszenierungen – gerade in der Schlussphase – waren von beeindruckender Größe. Wünschen wir Dreher, dass er daran anknüpfen kann.