Duisburg. . Pixel-Impressionismus: Das Museum Küppersmühle im Duisburger Innenhafen präsentiert 60 Bilder eines Malers der Neuen Leipziger Schule.

Knapp zwei Jahre ist es her, dass David Schnell acht seiner international gefragten Gemälde in der kleinen, extrafeinen Neuen Galerie in Gladbeck ausstellte. Nun kehrt der Maler, den man mit einigem Grund der Neuen Leipziger Schule zurechnet und mit einiger Respektlosigkeit einen Erfinder des Pixel-Impressionismus nennen könnte, mit Macht ins Revier zurück: Das Museum Küppersmühle zeigt 60 Riesenformate aus den letzten zehn Jahren, darunter fünf Gemälde, die eigens für die Küppersmühle entstanden sind.

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Schnell malt Räume und Landschaften – völlig irreale Räume und Landschaften, die aber fast real wirken, was aber auf optischen Täuschungen und einer hochdynamischen Pinselführung beruht. In der Duisburger Küppersmühle kommen die XXL-Formate von Schnells Leinwänden (oft sind zwei davon zu einem Bild vereint) mehr als irgendwo sonst zu Geltung – aber selbst in den mehr als großzügigen Räumlichkeiten fehlt manchmal noch Platz zum Zurücktreten. Mit wachsender Distanz lässt sich auf Schnells Gemälden immer mehr erkennen, dabei sträuben sich die Bilder dagegen, zu viel preiszugeben. Tiefer gelegte Horizonte produzieren gewaltige Räume in den Bildern, die mit den realen konkurrieren.

Farbstriche ohne klare Kanten oder Geometrien

Auf dem Bild, das der Ausstellung ihren Namen gab, scheinen blaue, türkise Farbblöcke Fenster zu markieren in einer Raumschlucht aus graugrünen Blöcken. Die senkrechten, schmalen Lichtbänder in den Museumswänden, die den Blick aufs Hafenbecken und den Himmel darüber freigeben, wirken denn auch, als gehörten sie zu Schnells Bildern dazu, als gäben sie den Leinwänden den Rahmen, den sie nicht haben.

Und was wie Pixel wirkt, sind kurioserweise gar keine („Ich bin auch gar nicht fit mit dem Computer“, lächelt Schnell mit einer ganz eigenen Mischung aus Selbstvertrauen und Bescheidenheit). Diese Scheinpixel sind in Wahrheit Farbstriche ohne klare Kanten oder Geometrien, die ihre Herkunft vom Pinsel nicht leugnen, sobald man nah genug vor der Leinwand steht. Und in einem Inferno aus Orange („Via strata“) entdeckt man ein Oliv, ein Preußischblau, ein Froschgrün, das man aus der Ferne gar nicht erkennt, in der Tönung der Komposition aber wohl doch wahrnimmt. Und oft, erzählt David Schnell, legt er als unterste Malschicht einen hellen, klaren, strahlenden Farbton an, der seinen Gemälden etwas von einem Bildschirmleuchten gibt.

Beamer-Projektion zeigt Filmaufnahmen

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Die Bilder „Blau“ und „Rot“ (2011) hingegen wirken wie Landschaften aus verschreckten Vogelschwarm-Heerscharen, es wimmelt, wirbelt, läuft in Farbschlieren herunter, das stellt nicht nur die Machart heraus, sondern auch Tempo, Tempo, Tempo. Eindruckslandschaften sind das mehr noch als Landschaftseindrücke.

Ein Gutteil der Leinwände leuchtet und strahlt in südlichen Farben, manchmal sogar über die Schmerzgrenze hinaus („Pista d’Oro“). Das dürften Folgen eines Rom-Aufenthalts in der Villa Massimo sein; beeindruckender aber ist Schnells Rolle in der Blumenprozession von Genzano di Roma In dem Vorort schrieb Michael Ende „Momo“ und „Die unendliche Geschichte“.

Die Gemeinde lud sich deshalb mit Bedacht einen deutschen Massimo-Stipendiaten ein und ließ den 1971 in Bergisch-Gladbach geborenen Schnell die Bilder aus Blumen entwerfen, über die dann die Prozession hinwegschritt; wie der Maler sich dabei von Endes Büchern inspirieren ließ, zeigt eine Beamer-Projektion von Filmaufnahmen in einer Ausstellung, welche die Zerrissenheit unserer Räume, Landschaften und Zeiten auf beeindruckende Weise spiegelt.