Bonn. Stripperinnen, Nönnchen und der Wusch nach Erlösung - Generalintendant Klaus Weise bewegt sich bei seiner Bonner Wagner-Inszenierung zwischen Binsenweisheiten und Malle-Party.

Vielleicht erinnert sich mancher Leser der Region noch an Klaus Weise. Weise war es, der vor Jahren das Oberhausener Theater durch eine Art künstliche Beatmung, zu gefühltem Ruhm führte. Alle Welt sprach über eine Art Wunder, das Oberhausen dank Weise erlebt haben solle. Manchen wunderte das.

Es war aber toll für die Karriere: Auf Oberhausen folgte 2003 die Generalintendanz in Bonn. Dort zählen zu Weises selbsterwählten Publikumsbeschenkungen auch Operninszenierungen. Die letzte war letzte Woche – „Tannhäuser” und eine Art Wagner für Doofe. Das ist nicht nur Weises Enhüllungen („Elisabeth und Venus sind Projektionen dieser männlichen Gesellschaft”. . . „Die eine ist die Heilige und die andere die Hure”) geschuldet, auch wenn deren Binsenweisheit an sich schon bedrückend ist.

Vollbusige Plattheiten

Es ist die mutwillige szenische Plumpheit, die Augen- und Ohrenzeugen dieser Bonner Spielzeiteröffnung tragisch beeindruckt. Freilich: Wer in der Welt der Venus nicht mehr sieht als einen mit Sexpinguinen gefüllten Gully (Bühne Martin Kukulies), der ist schnell fertig mit Wagners Künstleroper.

Und so geht es fort mit den vollbusigen Plattheiten: Die Pilger sind dann mal weg, also Kerkeling-Jünger im Trekking-Kostüm. Den Ruf zum Sängerwettstreit auf der Wartburg eskortiert etwas Malle-Party-Unartiges plus Stripperinnen, Nönnchen oder beides kreuzweise. So sieht Kulturkritik auf dünn gebohrten Brettern aus. Vom Handwerk ganz zu schweigen: Wer einen Drei-Zentner-Tenor im Liebes-Duett Fangenspielen lässt, setzt ihn einer Lächerlichkeit aus, die Vorsatz nicht ausschließt.

Die Musik? Aufs Ganze etwa vom Niveau einer Nachmittagsvorstellung. Scott McAllisters Tannhäuser hat Höhen ohne Farben, Ingeborg Greiners Elisabeth flackert sich fokusarm durch die Hallenarie, Daniele Denschlags schmale Venus hörte man ab und an – wenn das laute, beklemmend kompakt pumpende Beethoven Orchester (seit Jahren unverdächtig, zur NRW-Spitze zu zählen) unter dem neuen Generalmusikdirektor Stefan Blunier sie nicht gerade wieder mal zur Hinterbühne wegblies.

Tannhäuser in Bonn: Nicht mal ein Ärgernis, ein arger Abend nur. Man wünscht sich, was so viele Wagner-Figuren wünschen: Erlösung!