Gladbeck. David Hermann inszeniert für die Ruhrtriennale in Zweckel in der Maschinenhalle "Sing für mich, Tod" mit Musik von Claude Vivier und Text von Albert Ostermaier: Das Publikum war von der Uraufführung am Samstag begeistert.

Eine szenische Lesung über das mysteriöse Leben und Sterben des Komponisten Claude Vivier? Oder nicht doch eher eine opera misteriosa für vier Personen? Gleichwohl - das Premierenpublikum nahm die Ruhrtriennale-Uraufführung von Albert Ostermaiers poetischem „Ritual für Claude Vivier” am Samstagabend in der Maschinenhalle Zweckel begeistert auf.

Mehrfach hat sich die Kathedrale des untergegangenen Kohlebergbaus schon als starkes Magnetfeld für packendes (Musik-)Theater erwiesen - diesmal wieder. Die kunstvoll inszenierte Leere des Raumes (Bühne und Kostüme: Christof Hetzer) mit einem in die Höhe gehobenen Chor und Orchester ist überaus schlüssig und spiegelt die grotesk-surreale Kunstwelt wider, in der Vivier seine letzten Stunden zwischen Todessehnsucht und Angst vorm Sterben, in seiner Einsamkeit und gepeinigt von Angst und Visionen durchleidet. Glänzend Hauptakteur Stefan Kurt (als Claude Vivier) und sein alter ego (Sam Louwyck)! Sie agieren verhalten aber ergreifend - Regisseur David Hermann erlaubt sich keine der Blasiertheiten und Mätzchen des gegenwärtigen Regietheaters.

Uraufführung erweist sich als echte "Kreation"

Diese Inszenierung wird dem Anspruch der dritten Triennale-Saison, Urmomente der menschlichen Existenz zu zeigen, vollauf gerecht. Diente die Maschinenhalle früher der Suche nach Kohle in der Tiefe, stellt die Inszenierung diese nun in einen neuen Zusammenhang: Was ist das Urmoment alles Religiösen? Was verbindet die großen Menschheitsthemen wie Liebe und Tod, Kunst und die Sehnsucht nach einem großen Zusammenhang in der Begrenztheit unserer menschlichen Existenz?

„Nicht der Komponist bestimmt, welche Musik er zu schreiben hat, sondern uns unbekannte, aber gleichwohl immer sehr gegenwärtige Kräfte”, hat Vivier bekannt - und Dirigent Christoph Poppen setzt genau dies um. Er zeigt sich als umsichtiger Lenker des musikalischen Geschehens, das die Solistinnen Caroline Melzer (Sopran) und Maria Riccarda Wesseling (Mezzosporan) in expressiver Anmut (welch' Sprachgemsich aus Französisch und Viviers Phantasiesprachen!) zusammen mit der MusikFabrik sowie der Chorakademie Dortmund zupackend gestalten. Viviers expressive Klangsprache ist eigenwillig und weit abseits öder Klangdogmatik - und diese Uraufführung erweist sich als echte „Kreation”. Zu Recht viel Beifall!