Dortmund. . Ein Pianist der alten Schule, kein Blender, keine Modeerscheinung: Von der Souveränität Murray Perahias konnte sich das Publikum im Konzerthaus überzeugen.

Dreimal schon gastierte der Pianist Murray Perahia im Konzerthaus Dortmund, doch stets vom Klavier aus die Academy of St. Martin in the Fields dirigierend. Nun aber hat er sich als Solist die Ehre gegeben, und wir entdecken einen leicht introvertierten, der Romantik zugeneigten Interpreten.

Die dunkle Seite der Romantik

Werke von Bach, Haydn, Beethoven, César Franck und Chopin hat er im Gepäck, ein Konvolut verschiedener Stilrichtungen und Epochen. Doch Perahia stellt sie nicht nebeneinander, sondern knüpft zarte, gleichwohl deutlich vernehmbare Bande. Dabei geht es ihm weniger um Formverlauf, sondern um Reflexion und Emotion. So mag Bachs 6. Französische Suite aus verschiedenen Tänzen bestehen, für den Solisten zählt zuerst der beseelte Ausdruck. Puristen mögen die kristalline Nachzeichnung der Polyphonie vermissen, Perahia indes setzt auf Klang, der zunehmend an Raum gewinnt.

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Bei Haydn (Sonate und Divertimento) kommt Dramatik und die Nähe zu Beethoven hinzu. Haydns Witz, musiziert mit einem Augenzwinkern, ist nicht Perahias Welt. Umso mehr Beethovens Vehemenz, so dass die „Mondscheinsonate“ nicht im Kitsch versinkt, sondern sich überwiegend düster gibt. Die dunkle Seite der Romantik – immer tiefer vergräbt sich der Pianist in sein schwarzes Instrument, wie manche das Klavier benennen. Entsprechend grüblerisch, schwer klingt Francks „Prélude, Choral et Fugue, in der Nähe von Brahms oder Reger; das große Vorbild Bach wirkt weit entfernt.

Chopin mit expressiver Kraft

Schließlich Chopins h-moll-Scherzo: Perahia fegt jede Pariser-Salon-Nostalgie mit teils großer Geste hinweg, verleiht dem Stück exzessive Kraft. Die Musik strahlt permanente Nervosität, ja, eine Form von düsterer Angst aus.

Perahias Spiel nimmt gefangen, sein Leitmotiv heißt Emotion, und deshalb hätte dieses Konzert ohne Pause vielleicht noch mehr Dichte bekommen. Doch auch so ist ihm hingebungsvoller Applaus gewiss.