Bochum. . Es wird ab dem 14. August auch wieder Theater und Popmusik geben. Intendant Johan Simons gibt das Motto „Seid umschlungen“ aus.

Johan Simons, der Kraftkerl nach dem Kopfkünstler Goebbels, will das Revier mit seiner Ruhrtriennale umarmen, umklammern, Körperkontakt aufnehmen und dabei „auch unangenehme Fragen stellen“: „Das Publikum“, sagte Simons gestern bei der Programmvorstellung für seine erste Triennale-Saison (14. August-26. September), „wird eingeladen, die Komfortzone zu verlassen. Die Inszenierungen beginnen, sobald man sein Auto geparkt hat“. Deshalb auch das bei Schiller entliehene Saison-Motto „Seid um­schlungen“.

Eröffnung mit einem Stück nach Pasolini

Eröffnet wird die Ruhrtriennale in der riesigen Kohlenmischhalle von Dinslaken-Lohberg mit „Accatone“: Der Festivalchef selbst gießt aus dem gleichnamigen Taugenichts-Film von Pier Paolo Pasolini und Kompositionen von Bach ein Musiktheater, das die Frage nach dem Wert von Arbeit neu stellt.

Simons, der in der Bochumer Jahrhunderthalle Wagners „Rheingold“ mit Dirigent Teodor Currentzis als klingende Kapitalismuskritik selbst inszeniert, lässt Ingo Metzmacher Luigi Nonos „Prometeo“ im Duisburger Landschaftspark Nord produzieren, ebenso wie Susanne Kennedy Monteverdis „Orfeo“ auf Zeche Zollverein. Das soll eine beklemmende Führung für kleine Gruppen im Zehnminutentakt durch die Unterwelt werden – denn „wer Geschichten über das Ruhrgebiet erzählen will,“ sagt Simons, „muss hinab in die Unterwelt“. Haydns „Schöpfung“ wird zudem mit einem Film kombiniert, der später dann ohne Musik im Duisburger Landschaftspark zu sehen ist (und für den bald 1000 Statisten gesucht werden).

Die Rückkehr des Schauspiels

Die vielleicht wichtigste (Er)Neuerung unter Simons: Das Schauspiel kehrt zur Triennale zurück. Drei Romane liefern den Stoff dafür: Ivo van Hove wird auf Zollverein „Die stille Kraft“ von Louis Couperus, dem holländischen Thomas Mann, inszenieren, ein Crash der Kulturen auf Java zur Kolonialzeit; Luc Perceval dramatisiert im Duisburger Landschaftspark Romane von Zola unter dem Titel „Liebe“; und Krzysztof Warlikowski, der einflussreichste Regisseur Polens, macht in der Gladbecker Halle Zweckel aus Prousts „Suche nach der verlorenen Zeit“ das Stück „Die Franzosen“.

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Und es wird wieder Pop geben, wie mit der „Century of Song“-Reihe der ersten Triennale-Jahre unter Gérard Mortier, Simons’ Leitstern; diesmal gastieren Caribou, The No­twist und die Essener Goethebunker DJs nebst anderen Elektro-Soundproduzenten in der Jahrhunderthalle, das rheinische Duo Mouse on Mars belebt mit anderen die Minimal Music des Terry Riley.

Die Jahrhunderthalle als Hauptquartier

Die Jahrhunderthalle bleibt so etwas wie ein Hauptquartier der Ruhrtriennale. Hier wird das niederländische Atelier van Lieshout vor der Halle ein Festivaldorf unter dem martialischen Titel „The Good, The Bad And The Ugly“ errichten: ein Wohn- und Feier-Labyrinth aus neuen Van-Lieshout-Installationen und früheren wie der „Bikini Bar“ in einem gigantischen Frauen-Torso. Daneben wird auch der Duisburger Eisenbahnhafen eine klingende, begehbare Kunst-Installation erleben – unter dem Titel „Nomanslanding“ soll, wie bereits berichtet, mit Hilfe der „Urbanen Künste Ruhr“ ein „Flüsterdom“ auf dem Wasser entstehen.

Nachwuchsförderung betreibt man auch: Für eine „Masterclass“ aus jungen Theatermachern werden demnächst Bewerber gesucht; sie produzieren Stücke, die im Mülheimer Ringlokschuppen und in den Stadttheatern von Oberhausen und Essen zu sehen sein sollen.

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