Bochum. . Direktor Stefan Brüggerhoff spricht über den Wandel im Bochumer Bergbaumuseum, das für rund 50 Millionen Euro saniert und neu gestaltet werden soll.

Es ist mit rund 400. 000 Besuchern pro Jahr das beliebteste Museum im Ruhrgebiet: Das Bergbaumuseum in Bochum, angesiedelt unter einem Förderturm, der hier nie in Betrieb war – schließlich wurde das Museum Anfang der 30er-Jahre im einstigen Schlachthof eingerichtet. Und es ist etwas in die Jahre gekommen. Mit dem Museumsdirektor Stefan Brüggerhoff sprach Jens Dirksen über den Renovierungsstau des Hauses, Ideen für die Zukunft und das Ende des Bergbaus als Chance und Bürde.

Herr Brüggerhoff, in einem Interview mit dieser Zeitung hat Werner Müller, Chef der RAG-Stiftung, gesagt, das Bergbaumuseum sei „in einem bedauernswerten Zustand und müsste grundsaniert werden“. Das klingt nach einem Kraftakt.

Stefan Brüggerhoff: Da haben Sie recht. Ich bin jetzt drei Jahre im Amt, aber ich war zuvor zehn Jahre Vize-Direktor, kannte also das Haus und seine Defizite. Aber wenn man anfängt, wohnt dem ein Zauber inne. Das Haus weiß, dass es sich neu aufstellen muss, sowohl baulich als auch strukturell. Es gibt seit Ende letzten Jahres einen Masterplan für die Baumaßnahmen, das Strategie-Papier „DBM 2020“. Organisatorisch haben wir das Museum in die vier Abteilungen Forschung, Sammlung und Dokumentation, Ausstellung und Vermittlung sowie Technik und Infrastruktur neu gegliedert.

Sie haben einen Jahresetat von 10,4 Millionen Euro. Aber das reicht angesichts von 125 Mitarbeitern wahrscheinlich gerade mal für den laufenden Betrieb. Was wird denn wohl die Neuaufstellung des Museums kosten?

Brüggerhoff: Es geht da um einen deutlich zweistelligen Millionenbetrag.

Mehr als 50 Millionen?

Brüggerhoff: Die Summe trifft es in etwa.

Und wie wird das bezahlt?

Brüggerhoff: Wir sind in Gesprächen mit unseren Trägern, also der Stadt Bochum und der DMT-Gesellschaft für Lehre und Bildung des Steinkohlenbergbaus, aber auch mit der RAG und der RAG-Stiftung. Nicht zuletzt wenden wir uns an das Land und den Bund, da wir eines von nur acht Leibniz-Forschungsmuseen sind, die vom Bund und den Ländern gefördert werden.

Wird denn die Dauerausstellung verändert?

Brüggerhoff: Als die Ausstellung 1930 erstmals konzipiert wurde, war sie gut geeignet als ein dreidimensionales „Lehrbuch des Bergbaus“. Das Museum sollte den Bergbau popularisieren – und Menschen für die Arbeit unter Tage im Revier gewinnen. Die sollten sich ein Bild davon machen können, was Bergbau bedeutet. Das genügt heute aber nicht mehr. Wir müssen die Dauerausstellung komplett neu aufbauen.

Warum?

Brüggerhoff: Viele Menschen kommen mit sehr wenig Vorwissen. Sie wollen sich mit Museumsinformationen unterhalten lassen, wollen eine Führung genießen und suchen einen emotionalen Zugang zum Thema.

Was ist denn das Thema?

Brüggerhoff: Das hat sich eben auch verändert. Hier geht es nicht allein um Kohle, sondern um die Gewinnung von „Geo-Ressourcen“, von Rohstoffen allgemein. Dieses Thema wollen wir demnächst in vier verschiedenen Rundgängen aufbereiten, die man je nach Interesse kombinieren kann.

Wie sehen die dann aus?

Brüggerhoff: Der Kern-Rundgang wäre „Mensch und Bergbau“, er soll die Wechselwirkungen zwischen Rohstoff-Gewinnung und Zivilisations-Entwicklung aufzeigen. Der zweite Rundgang wäre dann dem Thema Steinkohle gewidmet – ich sag mal: von der Wiege bis zur Bahre, von den Anfängen bis zu Zukunftsfragen. Ein dritter Rundgang soll sich den Rohstoff-Lagerstätten der Erde widmen, mit Darstellungen der Entstehung aber auch Diskussionen um Ab- und Raubbau, um nachwachsende Rohstoffe und Rohstoffgewinnung in der Zivilisation. Die Besucher sollen eine Chance bekommen, sich eine Meinung zu bilden – und auch erkennen, wie weit sie selbst betroffen sind. Und der vierte Rundgang soll sich dann der wechselseitigen Prägung von Kunst und Bergbau widmen. Immerhin haben wir drei Gemälde von Salvador Dalí hier, Werke von Constantin Meunier und sehr viel Meißner Porzellan.

Haben sie nicht die Sorge, die Erinnerung an den Bergbau könnte die Vergangenheitsseligkeit schüren?

Brüggerhoff: Tja, ich höre jetzt immer öfter: „Glückauf? – Muss das denn noch sein?“ Aber es geht doch um eine Identität, die nun mal da ist. Man kann sie ja auch benutzen, um darauf Neues aufzubauen. Die Bayern haben das ja geschafft mit der Devise „Laptop und Lederhose“. Vielleicht sollte das Ruhrgebiet da mit der Verlässlichkeit der Kumpels arbeiten.

Ein Wunsch zum Schluss?

Brüggerhoff: Ja, unbedingt weniger Kirchturmdenken. Zum Beispiel, dass sich die technikhistorischen Museen des Reviers zu einem ähnlichen Verbund zusammenschließen wie das die Ruhrkunstmuseen schon getan haben. Das Ruhrmuseum auf Zollverein wäre das große Heimatmuseum des Reviers, Zeche Zollern II/IV zeigt die Geschichte der Bergleute, wir hier im Hause die Technik für die Menschen unter Tage und so weiter. In so einer Einheit kann man Entwicklungen sehr gut angehen. Und verhindern, dass man in die neue Zeit hineinstolpert anstatt selber Weichenstellungen vorzunehmen.