Stuttgart. Mit der Inszenierung eines schwedischen Dramas von Ingmar Bergman gelingt Regisseur Jan Bosse ein Kunstgriff. “Herbstsonate“ fesselt die Zuschauer bei der Premiere in Stuttgart auch durch das Zusammenspiel von zwei bekannten Fernsehgesichtern.
Mit einem faszinierenden Schauspiel-Duell haben Corinna Harfouch und Fritzi Haberlandt das Premierenpublikum der "Herbstsonate" am Schauspiel Stuttgart begeistert. Brillant setzen die beiden TV-Stars die Abgründe einer Mutter-Tochter-Beziehung in Szene, lassen die Konflikte spürbar werden. Der Lohn am Samstagabend: Begeisterter Beifall der Zuschauer, die schockiert und gefesselt zugleich wirken.
Sie sehe das Stück als einen alten, großen Konflikt darüber, wie unterschiedlich Erwartungen oder Verletzungen in einer Beziehung sind, hatte Haberlandt zuvor gesagt. In der Bühnenfassung des gleichnamigen Films des schwedischen Kultregisseurs Ingmar Bergman (1918-2007) von 1978 spielt sie die in Norwegen lebende Tochter einer gefeierten Pianistin (Harfouch). "Es ist klar, dass wir den Film nicht nachspielen", sagte Haberlandt den "Stuttgarter Nachrichten".
Die Idylle täuscht
Und darum geht es: Beim Streit um die Interpretation einer Chopin-Sonate kommen sich die divenhafte Pianistin Charlotte und ihre älteste Tochter Eva (Haberlandt) nach siebenjähriger Trennung wieder näher. Eva ist mittlerweile mit einem Pfarrer (Andreas Leupold) verheiratet und lebt mit ihm und ihrer jüngeren, psychisch kranken Schwester (Natalia Belitski) in einem sich immer wieder drehenden Pfarrhaus aus Treppen und Holz-Container-Elementen (Bühnenbild: Moritz Müller) zusammen.
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Doch die Idylle täuscht: Langsam wird durch oftmals nur angedeutete oder erzählte Rückblenden in der Inszenierung von Jan Bosse deutlich, dass die gesamte Familie aus seelischen Wracks besteht. Vor allem die geltungssüchtige Klaviervirtuosin kann ihre Gefühle immer nur in der Musik offenbaren, was bereits fatale Folgen nach sich gezogen hat.
Zwischen Realität und Traumzustand
Peu à peu zeigt sich, welche Ereignisse zum Zerwürfnis von Mutter und Tochter geführt haben. Eine Abtreibung, der Tod eines kleinen Kindes und ein schreckliches Geheimnis - all dies hat die Familie traumatisiert und entfremdet.
In einem Schlüsselzitat ruft Eva aus: "Die Schäden der Mutter erbt die Tochter, für die Enttäuschungen der Mutter kommt die Tochter auf, das Unglück der Mutter muss das Unglück der Tochter werden." Unheimlich ist zudem, dass oft unklar ist, ob sich die Protagonisten in der Realität oder in einem Traumzustand befinden.
Das Stück "Herbstsonate" des Stuttgarter Schauspiels ist eine Co-Produktion mit dem Deutschen Theater Berlin. Es wird in der Hauptstadt erstmals am 23. Januar 2015 gezeigt. (dpa)