Düsseldorf. . Wenn die Beine oder Arme immer wieder anschwellen, dann staut sich Gewebsflüssigkeit. Lymphdrainagen können helfen, den Körper in Schwung zu bringen. Durch die spezielle Massage werden die „Transportwege“ wieder in Gang gesetzt, die Flüssigkeit fließt ab. Was Sie über Gefäßprobleme wissen sollten.
Lange zu stehen oder zu sitzen, ohne sich zu bewegen, kann dazu führen, dass Arme und Beine anschwellen. Auch bestimmte Krankheiten können daran schuld sein. Ärzte und Mediziner geben Infos und Tipps für Betroffene.
Warum sind Beine und Arme häufig geschwollen?
„Das ist dem aufrechten Gang geschuldet – Tiere, die auf vier Beinen laufen, haben das Problem nicht“, sagt Dr. Gerd Lulay. Er ist Gefäßchirurg und Lymphologe, leitet das Gefäß- und Lymphzentrum Nord-West am Mathias-Spital in Rheine. Die Gewebsflüssigkeit staut sich im Laufe des Tages in den tiefsten Abschnitten des Körpers und sammelt sich an, dadurch entsteht eine Schwellung. Lulay: „Nach vielen Stunden, in denen wir überwiegend sitzen oder stehen und uns wenig bewegen, ist das normal – über Nacht verteilt sich das Wasser meist wieder im Körper.“
Welche Rolle spielt das Lymphgefäßsystem dabei?
Das Lymphgefäßsystem ist nach Worten des Experten der „Reinigungstransportweg“ des Blutes. Das heißt: Alle größeren Moleküle, wie zum Beispiel Giftstoffe oder Arzneimittel, die für den Blutkreislauf zu umfangreich sind, werden über das Lymphgefäßsystem (ab)transportiert. Dieser Mechanismus kann jedoch unterbrochen werden – entweder, weil zu viele Stoffe befördert werden müssen und das System überfordert ist, oder weil der Abfluss der Lymphflüssigkeit infolge von Operationen gestört ist. Dies können Ursachen für die Entwicklung von Schwellungen sein.
Wann sind solche Schwellungen gefährlich?
Werden beide Arme und Beine gleichmäßig „dick“, dann rät Gefäßspezialist Gerd Lulay, erst einmal die „klassischen“ Gründe dafür bei einem Internisten überprüfen zu lassen. Dazu zählen nach seinen Worten eine Herz- oder Nierenschwäche oder ein Eiweißmangel. Lulay: „Eine akute Schwellung, die schmerzt und sich heiß anfühlt, kann eine Venenthrombose bedeuten.“ In seltenen Fällen steckt auch ein Tumor dahinter. Sind diese Ursachen mithilfe von Elektrokardiogramm (EKG) und der Untersuchung von Laborwerten ausgeschlossen, dann sollte man nach den Worten des Experten überprüfen lassen, ob man ein Lymphödem hat. „Das bedeutet meist eine einseitige, aber schmerzlose Schwellung. Es gibt primäre Lymphödeme, deren Hintergründe wir nicht kennen. Sekundär können sie auch durch andere Erkrankungen ausgelöst werden, zum Beispiel infolge von Operationen bei Brust- oder Prostatakrebs oder durch Unterleibseingriffe“, so der Gefäßspezialist. Die Düsseldorfer Physiotherapeutin Kinga Buczynska ergänzt: „Bei Brustkrebs-OPs werden häufig zahlreiche Lymphknoten entfernt, dadurch funktioniert das Transportsystem der Lymphflüssigkeit zunächst nicht richtig und muss angeregt werden.“
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Was kann ich selbst tun?
Wer zu geschwollenen Beinen neigt, dem empfehlen der Lymphologe und die Physiotherapeutin Kinga Buczynska rund gestrickte Kompressionsstrümpfe zu tragen, die den Flüssigkeitstransport unterstützen. Buczynska: „Bewegung hilft ebenfalls. Am Schreibtisch kann man die Füße hochlegen, um die Beine zu entlasten, oder abwechselnd immer einmal wieder einen Arm hochheben, wenn diese betroffen sind.“ Kalt-warme Wechselduschen und Kältekissen könnten auch anregend wirken. Nimmt die Schwellung jedoch langsam zu und löst sich nicht auf, entzündet sich sogar und zeigt damit Anzeichen einer Wundrose, dann sollte man zu seinem Hausarzt gehen. Dieser zieht im Zweifelsfall einen Internisten oder einen Gefäßspezialisten für die Therapie zu Rate.
Wie können mir Spezialisten helfen?
Schwellungen, die durch Nieren- oder Herzschwäche entstehen, bedeuten oft, dass man wassertreibende Substanzen verschrieben bekommt. Ist ein Lymphödem der Grund, wird man laut dem Experten Gerd Lulay durch die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) behandelt. „Diese funktioniert rein mechanisch, es werden keine Medikamente eingenommen – homöopathische Mittel kann man ergänzen“, erklärt der Lymphologe. Im Mittelpunkt der KPE steht die Lymphdrainage.
Was bewirkt eine Lymphdrainage?
Das ist eine besondere Art der Massage mit weichen, kreisenden Bewegungen. „Dadurch werden die Muskeln der Lymphgefäße angeregt“, sagt Lulay. Physiotherapeutin Kinga Buczynska: „Ich arbeite mit leichtem Druck, als würde ich etwas sammeln und weiter schieben.“ Auf diese Weise werde das Wasser innerhalb des Gewebes in Richtung Niere und Blase geschoben, die es verarbeiten und ausscheiden. Je nachdem, wie stark die Schwellung ist und wie sie sich verändert, ist eine einstündige Lymphdrainage über zwei Wochen und länger täglich notwendig. Diese wird in der Regel von den Krankenkassen bezahlt – es sei denn, man will sie zu Schönheitszwecken machen lassen. Dann koste sie 49 Euro pro Stunde.
Gibt es weitere Therapiemöglichkeiten bei Schwellungen?
Im Anschluss an die Lymphdrainage werden die Patienten bandagiert, um den Effekt zu erhalten. Sie bekommen kräftige, flach gestrickte Kompressionsstrümpfe, die vorne oder hinten eine Naht besitzen. Diese werden individuell in spezialisierten Sanitätshäusern angemessen, bei speziellen Herstellern produziert und kosten bis zu 500 Euro – meist eine Kassenleistung. Patienten mit einem Lymphödem müssen solche Strümpfe laut Gerd Lulay auf Dauer tagsüber tragen.