Berlin. In neue Arzneimittel werden viele Hoffnungen gesetzt. Patienten und Ärzte versprechen sich bessere Hilfe, die Hersteller auch neue Gewinnchancen. Eine offizielle Prüfung nach Vorgaben der Arzneireform AMNOG ergab jedoch, dass nur ein kleiner Teil der neuen Medikamente auch signifikant besser wirkt.

Nur knapp jedes fünfte neue Arzneimittel hat laut offizieller Prüfung einen starken Mehrwert für die Patienten gegenüber bereits gängigen Arzneimitteln. Von 73 Präparaten, die bisher nach den Anfang 2011 eingeführten Regeln bewertet wurden, erkannten die Prüfer bei 14 einen beträchtlichen Zusatznutzen. Das geht aus einer Bilanz des zuständigen höchsten Gremiums im Gesundheitswesen hervor, des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Sie lag der Nachrichtenagentur dpa in Berlin vor.

Bei 23 Medikamenten sahen die Prüfer zudem einen geringen, bei 6 einen nicht bestimmbaren Mehrwert. Somit helfen knapp zwei von drei neuen Präparaten den Patienten mehr als zuvor gängige Mittel. Es handelt sich unter anderem um Medikamente gegen Diabetes, Bluthochdruck oder Krebs.

Pharmaindustrie sah Innovation in Gefahr

Die Vorgaben für die Prüfungen kamen von der schwarz-gelben Arzneireform AMNOG. Nur was wirklich mehr bringt, soll auch mehr kosten dürfen. Die Bewertungen des Bundesausschusses sind Basis für die Verhandlungen zwischen Krankenkassen-Spitzenverband und Herstellern über den Erstattungspreis für die Kassen. Die Pharmaindustrie hatte immer wieder kritisiert, das AMNOG gefährde Innovationen.

Gar keinen Zusatznutzen sahen die Prüfer bei 27 Mitteln. Dies ist die Basis dafür, dass die Medikamente bald bestehenden Höchstgrenzen bei der Erstattung unterworfen werden. Direkt ohne weitere Bewertung solchen Höchstgrenzen unterworfen wurden zudem 3 Mittel.

Die Branche hat hohe Gewinnerwartungen

Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses, Josef Hecken, bezeichnete die Prüfverfahren als erfolgreich. Es sei ein hohes Gut, einen Filter zu haben, um die 40 bis 50 Prozent der Produkte zu identifizieren, die keinen oder nur einen irrelevanten Zusatznutzen hätten. Denn so könnten die Mittel im Gesundheitswesen wirkungsvoll dort eingesetzt werden, wo sie am meisten helfen.

Dies gelte umso mehr vor dem Hintergrund, dass die Pharmafirmen bald eine Reihe von Arzneimitteln neu auf den Markt brächten. "Viele neuen Wirkstoffe stehen kurz vor der Marktreife", sagte Hecken. "Gleichzeitig sind die Gewinnerwartungen der pharmazeutischen Industrie hoch."

Die Prüfungen durch das AMNOG erfolgen erst nach der Zulassung eines Mittels. Hierbei werden neue Mittel zunächst nach Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität beurteilt. Bei den Bewertungen des Bundesausschusses geht es hingegen um die Beurteilung des Mehrwerts gegenüber bisherigen Vergleichstherapien mit dem Ziel, hohe Preise für nicht innovative Mittel zu verhindern. (dpa)