Berlin. . Laut der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland versuchen gesetzliche Krankenkassen immer öfter bei dem Krankengeld zu sparen und krankgeschriebene Versicherte zum Arbeiten zu zwingen. Am Mittwoch sprechen Politiker im Bundestag über die geplante Reform der Krankenkassen-Finanzen ab 2015.
Gesetzliche Krankenkassen versuchen nach Expertenangaben immer wieder, beim Krankengeld zu sparen und krankgeschriebene Versicherte zum Arbeiten zu drängen. "Besonders häufig taucht das Thema in unserer Beratung im Kontext psychischer Erkrankungen auf", sagte der Geschäftsführer der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD), Sebastian Schmidt-Kaehler, der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.
Bereits im vergangenen Sommer hatte die Patientenberatung auf tausende solcher Fälle aufmerksam gemacht. Seither sei das Problem in der Beratungspraxis der UPD nicht geringer geworden, sagte Schmidt-Kaehler. Der für Gesundheit zuständige Referatsleiter bei der Bundesdatenschutzbeauftragten, Bertram Raum, sagte der dpa: "Wir kennen entsprechende Beschwerden aus vielen Eingaben." Kassen versuchten Versicherte auch, zu Reha-Leistungen auf Kosten der Rentenkasse zu bewegen.
Krankenkassen fürchten weniger Mitglieder
Die geplante Reform der Krankenkassen-Finanzen droht nach Ansicht der Grünen, restriktives Verhalten noch zu verschärfen. Die Reformpläne sind am kommenden Mittwoch im Bundestag Thema einer öffentlichen Anhörung.
Ab 2015 würden viele Kassen verstärkt fürchten, dass Mitglieder abwandern, wenn der Beitragssatz steigt, warnte die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Maria Klein-Schmeink. Ab kommendem Jahr sollen die Kassen nach den Plänen von Schwarz-Rot vom Einkommen abhängige Zusatzbeiträge von ihren Mitgliedern nehmen können. Um diese möglichst klein zu halten, droht nach Ansicht von Klein-Schmeink bei den Kassen erneut verbreitetes Sparen - auch beim Krankengeld.
Wettbewerb zwischen den Krankenkassen
Die Krankenkassen wiesen die Vorwürfe zurück. "Tag für Tag werden aus den Portemonnaies der Beitragszahler 27 Millionen Euro für Krankengeld ausgegeben, das sind fast zehn Milliarden Euro im Jahr", erklärte der GKV-Spitzenverband der gesetzlichen Kassen. "Es ist ein täglicher Balanceakt der Krankenkassenmitarbeiter, darauf zu achten, dass das Geld auch seriös ausgegeben wird", fügte Sprecher Florian Lanz hinzu. "Wenn es im Einzelfall dazu kommt, dass sich ein Versicherter bedrängt fühlt, dann ist das ein Fehler, aus dem die Kassen lernen."
"Der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen wird durch die aktuellen Gesetzespläne wieder zunehmen", meinte jedoch auch Gesundheitsdatenschützer Raum. "Die Versicherungen werden folglich überlegen müssen, wo sie sparen." Klein-Schmeink nannte einen Sparkurs auf Kosten der Versicherten inakzeptabel. "Aufgabe der Krankenkassen ist es, ihre Versicherten in schwierigen Zeiten zu unterstützen."
Unseriöser Umgang durch Krankenkassen
Raum wies auch auf unseriösen Umgang einiger Kassen mit sensiblen Patientendaten hin. So können Versicherungen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen anstoßen, um beurteilen zu können, ob der Krankengeldbezug gerechtfertigt ist. Dazu können dann Angaben des behandelnden Arztes eingeholt werden. Doch die Kasse darf diese Angaben selbst nicht einsehen. Das passiert laut Raum aber: "Wir kennen auch Fälle, in denen Krankenkassen einen Brief des behandelnden Arztes zum Gesundheitszustand eines Versicherten öffnen, obwohl er nur vom Medizinischen Diensts geöffnet werden darf."
Klein-Schmeink forderte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) auf, den Problemen nachzugehen. "Wir wollen wissen, welche Regelung beim Krankengeld auf Dauer Fehlanreize am effektivsten verhindert und die Kassen darin bestärkt, ihre Versicherten nach bestem Wissen und Gewissen zu unterstützen." (dpa)