Berlin. Tattoos liegen im Trend - doch sie sind auch mit Gefahren für die Gesundheit verbunden. In schwarzer Tätowierfarbe beispielsweise befindet sich Ruß. Wissenschaftler der Freien Universität Berlin diskutieren nun über die Risiken der Hautfarbe - aber auch darüber, wie sie sicherer gemacht werden kann.
Ein Porträt der Mutter auf der Schulter oder Lebensweisheiten in Schnörkelschrift auf dem Handgelenk - Tätowierungen, neudeutsch: Tattoos, haben einen Siegeszug über die Körper junger Menschen gehalten. In den USA ist nach Schätzungen jeder Vierte tätowiert. In Europa sind es rund zehn Prozent der Bevölkerung, bei den 18- bis 27-Jährigen sogar 25 Prozent. Tattoos liegen im Trend - sind allerdings auch mit Gefahren für die Gesundheit verbunden.
"Früher wurde geraucht, heute wird tätowiert", sagt Andreas Luch, Leiter einer Fachgruppe für Produktsicherheit am Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin. Der Professor für Pharmakologie und Toxikologie hat die erste internationale Konferenz zur Tattoo-Sicherheit organisiert. Am Donnerstag und Freitag wollen Wissenschaftler und Interessierte an der Freien Universität Berlin diskutieren, was beim Tätowieren unter die Haut wandert.
Ruß in der schwarzen Farbe
"In der Farbe Schwarz ist beispielsweise Ruß", sagt Luch. "Jeder verlässt sich darauf, dass die Behörden es richten", sagt Wolfgang Bäumler, Physiker an der Universität Regensburg und einer der Referenten. Doch das Vertrauen in die Behörden sei nicht gerechtfertigt. Es gebe kaum Wissen über die Wirkung der Farben - vor allem nicht über langfristige Folgen.
Bäumler hat seit Ende der 90er Jahre zahlreiche Untersuchungen zu den Pigmenten erstellt. "Die Farben bleiben nicht an der Stelle, wo sie eingestochen werden", sagt er. Aber wohin sie im Körper abtransportiert werden, sei nicht erforscht. "Bei Tattoos in der Nähe von Lymphknoten sind diese auf jeden Fall genauso bunt wie die Tätowierung." Bäumlers Studien flossen in die 2008 verabschiedete Tätowiermittelverordnung ein, die verbotene Inhaltsstoffe von Pigmenten auflistet. "Es ist eine Negativliste", sagt er.
Neonfarben leuchten im Dunkeln unter Haut
Doch es werden immer neue Farben entwickelt - bis hin zu Neonfarben, die in der Dunkelheit unter der Haut leuchten. "Man kann die Hersteller von Pigmenten nur bitten, Substanzen zu vermeiden, die die Gesundheit beeinträchtigen", sagt Bäumler. Professor Luch berichtet von einem 60-jährigen Mann, der stark allergisch auf eine Tätowierung reagierte.
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Sein Hautarzt überwies ihn in eine Klinik, doch ein Eindämmen der Reaktion war unmöglich. "Schließlich wurde der Hautlappen mit dem Tattoo herausgeschnitten", berichtet Luch. Bei rund 70 Prozent der Menschen gebe es akut eine "lokale Reaktion" - eine Blutung, Schwellung oder Verkrustung. "Bei etwa sechs Prozent der Fälle bleibt etwas zurück", sagt er. Das kann eine Sensibilisierung der Haut sein oder kleine Knötchen. Auch Reaktionen des ganzen Menschen kämen vor. Luch nennt "Schwindel, Abgeschlagenheit und Fieber". Die Menge der verwendeten Pigmentmasse ist nicht unerheblich: "Bei einer Tätowierung des ganzen Oberkörpers werden rund zehn Gramm Pigment verwendet, für einen Oberarm etwa zwei Gramm", hat er errechnet.
Geschätzte 20.000 legale Tattoostudios
Auf der Berliner Tagung sollen neue Technologien erörtert werden, die die Sicherheit erhöhen könnten. Das Berliner Unternehmen Surflay stellt eine Methode vor, nach der die Pigmente mit einer Schicht überzogen werden, die den Abtransport einzelner Inhaltsstoffe verhindert. "Das dient der Haltbarkeit der Farbe und dem Gesundheitsschutz", sagt Lars Dähne von Surflay.
Die Gesundheit von Tattoo-Fans hat auch Andreas Schmidt im Auge, der ein Tattoo-Studio bei Mönchengladbach betreibt und den Verband der "Deutschen Organisierten Tätowierer" auf der Konferenz vertritt. Schmidt fürchtet vor allem die nicht-registrierten Tattoostudios. "Ein Freund von mir tätowiert jetzt auch", sei der Satz, den er am meisten hasse. Neben geschätzten rund 6000 legalen Studios gebe es rund 20.000 illegale. "Beim Tätowieren kann man eine Menge falsch machen", warnt er. (afp)